Suche
  • Direkter Kontakt:
  • terhaag@duetrust.de | +49 (211) 879 37 37
Suche Menü

Echte Interessenkollision: Testamentsvollstrecker und gesetzlicher Vertreter – OLG Nürnberg, Beschluss vom 29.06.2001 – Az. 11 UF 1441/01

Leitsätzliches:

1) Liegt ein Interessenkollision vor, ist Wahrnehmung des Amtes von Testamentsvollstrecker und gesetzlicher Vertreter in einer Person ausgeschlossen.
2) Einen weiteren Testamentsvollstrecker einzuschalten reicht nicht aus, um das Formerfordernis der Ergänzungspflegschaft zu umgehen.

 

Oberlandesgericht Nürnberg

Datum: 29.06.2001

Gericht: OLG Nürnberg

Spruchkörper: 11 UF

Entscheidungsart: Beschluss

Aktenzeichen: 11 UF 1441/01

Gründe:

1. Die Beteiligte H, geb. am 21.07.1993 ist die alleinige Erbin ihres Vaters H, der am 07.01.1999 verstorben ist. Die elterliche Sorge für sie wird allein von ihrer Mutter ausgeübt. Aufgrund der Anordnung im Testament des Erblassers ist die Mutter zusammen mit O zur Mitttestamentsvollstreckerin über den Nachlaß des verstorbenen ernannt worden.

Mit Beschluß vom 27.03.2001 hat das Familiengericht für das Kind Ergänzungspflegschaft mit dem Wirkungskreis der Vertretung bei den Auskunfts- und Rechnungslegungsrechten des Erben gegenüber den Testamentsvollstrekkern angeordnet.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Kindes, mit der es erstrebt, den Beschluß aufzuheben. Zur Begründung wird im wesentlichen angeführt, ein Interessengegensatz ihrer gesetzlichen Vertreterin, den die Anordnung der Ergänzungspflegschaft voraussetze, läge nicht vor, da die Mutter nur zusammen mit dem anderen Testamentsvollstrecker handeln könne und somit eine ausreichende Überwachung der Mutter vorläge.

Die Mutter hatte im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme. Sie hat sich nicht geäußert.

2. Die gemäß § 621 e Abs. 1 i. V. m. § 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Beschwerde ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.

Zutreffend hat das Familiengericht Ergänzungspflegschaft angeordnet. Die gesetzliche Vertreterin ist rechtlich verhindert, das Kind in Auskunfts- und Rechnungslegungsrechten als Erbin gegen die Testamentsvollstrecker zu vertreten, da die Mutter ihr Kind nicht gegenüber sich selbst als Testamentsvollstreckerin vertreten kann.

Gemäß § 2218 Abs. 1 i. v. m. § 666 BGB hat der Testamentsvollstrecker die Pflicht, den Erben unaufgefordert die erforderlichen Nachrichten zu geben sowie auf Verlangen Auskunft zu erteilen. Dauert die Testamentsvollstreckung länger als ein Jahr (§ 2209 BGB), kann der Erbe gemäß § 2218 Abs. 2 BGB jährliche Rechnungslegung verlangen, die gemäß § 666 BGB i. V. m. § 259 Abs. 1 BGB zu erfolgen hat (BayObLG, Rpfleger 1998, 246 , 247). Über diese Rechte des Kindes als Erbin hat die Mutter als alleinige gesetzliche Vertreterin zu wachen. Gegebenenfalls hat sie diese Ansprüche auch geltend zu machen.

Diese Doppelstellung als Testamentsvollstreckerin einerseits und als gesetzliche Vertreterin der Erbin andererseits führt zu Einen Interessengegensatz i.S.v. § 1629 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 1796 BGB, der so erheblich ist, daß er die Wahrnehmung der Aufgaben der beiden Ämter durch ein und dieselbe Person ausschließt (BayObLG, Rpfleger 1977, 440 ).

An dieser rechtlichen Beurteilung ändert sich nichts dadurch, daß die gesetzliche Vertreterin nicht allein Testamentsvollstreckerin ist, sondern nur Mitvollstreckerin. Zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung gegenüber den Erben ist nämlich jeder der mehreren Testamentsvollstrecker verpflichtet; jeder einzelne Testamentsvollstrecker kann hierauf verklagt werden (Haegele/Winkler: Der Testamentsvollstrecker, 15. Aufl., S. 221, Rn. 463).

Im Hinblick darauf, daß die gesetzliche Vertreterin der minderjährigen Erbin gegenüber den Testamentsvollstrecker echte Überwachungsaufgaben hat, liegt auch kein Fall der unzulässigen “Beobachtungspflegschaft” vor (OLG Hamm, FamRZ 1993, 1122 , 1123).

3. Von der Anhörung des Kindes hat das Beschwerdegericht abgesehen, da der Wille des sieben fahre alten Kindes für die Entscheidung keine Bedeutung hat und auch ein unmittelbarer Eindruck für die Feststellung des Sachverhalts nicht nötig ist (§ 50 b Abs. 1 FGG).

Eine Kostenentscheidung nach § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG ist nicht erforderlich, da eine Verfahrensbeteiligung eines erstattungsberechtigten Beteiligten nicht vorliegt und somit für eine Kostenentscheidung kein Rechtsschutzbedürfnis besteht (Keidel/Zimmermann, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 14. Aufl., § 13 Rn. 16).

4. Die Entscheidung über den Beschwerdewert beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2, 3 KostO.

Die Zulassung der weiteren Beschwerde ist nicht veranlaßt (§§ 621 e Abs. 2 S. 1, 546 Abs. 1 S. 2, 3 ZPO).