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Pflichten des Testamentsvollstreckers bei einer Grundstücksverwaltung – BGH, Urteil vom 01.11.1998 – Az. IV ZR 266/97

Leitsätzliches:

Hat der Testamentsvollstrecker ein Grundstück aus einem Nachlass zu verwalten und überträgt diese Aufgabe einem Dritten, so ist er trotz Einverständnis der Bedachten zur Überprüfung der Kosten auf Angemessenheit verpflichtet.

 

Bundesgerichtshof

Datum: 04.11.1998

Gericht: BGH

Spruchkörper: IV ZR

Entscheidungsart: Urteil

Aktenzeichen: IV ZR 266/97

Tatbestand:

Die Klägerinnen, denen ein Teil des in den Nachlaß gefallenen, umfangreichen Grundvermögens vermacht worden ist, erheben gegen die Beklagten zu 1) und 2) u. a. Anspruch auf Schadensersatz aus § 2219 BGB. Der Beklagte zu 1) ist Alleinerbe und zusammen mit seiner früheren Ehefrau, der Beklagten zu 2), Testamentsvollstrecker. Das zum Nachlaß gehörende Grundvermögen wurde von der (am Verfahren nicht mehr beteiligten) Beklagten zu 3), einer Kommanditgesellschaft, verwaltet, deren Geschäftsanteile dem Beklagten zu 1) gehören. Er war zunächst auch deren Geschäftsführer; später wurde es die Beklagte zu 2). Die Beklagte zu 3) hatte den Grundbesitz bereits für die Erblasserin verwaltet. Sie legte ihre nach dem Erbfall entstandenen Verwaltungskosten im Verhältnis der jeweiligen Mieteinnahmen der einzelnen Grundstücke auf die am Nachlaß Beteiligten um. Die Klägerinnen halten die zu ihren Lasten einbehaltenen Verwaltungskosten für wesentlich überhöht.

Das Landgericht hat der Schadensersatzklage gegenüber den Beklagten zu 1) und 2) teilweise stattgegeben; das Berufungsgericht hat sie insgesamt abgewiesen. Dagegen wendet sich die Revision der Klägerinnen.

Gründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts haben die Klägerinnen nicht substantiiert dargelegt, daß die Beklagten zu 1) und 2) als Testamentsvollstrecker einen Verwaltungsvertrag mit der Beklagten zu 3) abgeschlossen oder deren Verwaltungstätigkeit auch nur veranlaßt hätte. Vielmehr deute der Vortrag der Parteien darauf hin, daß die Beklagte zu 3) ihre bereits für die Erblasserin erbrachte und möglicherweise von dieser in Auftrag gegebene Verwaltungstätigkeit fortgesetzt habe. Die Klägerinnen hätten sich bei der Besprechung der am Nachlaß Beteiligten am 11. Mai 1990 mit der Fortführung der Grundstücksverwaltung durch die Beklagte zu 3) einverstanden erklärt und diese Verwaltung auch später hingenommen.

2. Gegen diese Feststellungen wendet sich die Revision nicht. Sie tragen indessen die Abweisung der Schadensersatzklage nicht, wie die Revision mit Recht geltend macht.

a) Zu einer ordnungsmäßigen Verwaltung i. S. von § 2216 Abs. 1 BGB gehört auch die Kontrolle desjenigen, dem das unter Testamentsvollstreckung stehende Vermögen überlassen ist, um rechtzeitig mit geeigneten Mitteln Gefahren und Verlusten begegnen zu können, die den Inhabern des Vermögens drohen (BGH, Urteil vom 10. Juni 1959 – V ZR 25/58 – NJW 1959, 1820 unter 3; vgl. ferner Urteil vom 14. Dezember 1994 – IV ZR 184/93 – WM 1995, 1465 =

NJW-RR 1995, 577 = ZEV 1995, 110 unter 2 a).

Dieser Pflicht hätten die Beklagten zu 1) und 2) nicht genügt, wenn die ihnen bekannten Kostenrechnungen der Beklagten zu 3) die Klägerinnen unangemessen belastet hätten. Das Landgericht hat gemäß § 287 ZPO geschätzt, welche Vergütung angemessen gewesen wäre, und ist zu dem Ergebnis gelangt, daß die Beklagte zu 3) mehr als das Doppelte einbehalten habe. Feststellungen hierzu hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Das wird nach Zurückverweisung der Sache nachzuholen sein.

Selbst wenn die Beklagte zu 3) aufgrund einer mit ihr etwa geschlossenen Vereinbarung berechtigt gewesen sein sollte, Verwaltungskosten in der von ihr vereinnahmten Höhe geltend zu machen, hätten die Beklagten zu 1) und 2) unverzüglich auf Änderung hinwirken müssen. Möglicherweise war der Beklagte zu 1) als Erbe in ein von der Erblasserin herrührendes Vertragsverhältnis zur Beklagten zu 3) eingerückt und an einer Kündigung nicht interessiert. Gleichwohl hätten die Testamentsvollstrecker jedenfalls eine Belastung der Klägerinnen mit Grundstückverwaltungskosten nur in der für diese Aufgabe angemessenen Höhe zulassen dürfen. Im übrigen hätte der Beklagte zu 1) die Kosten selbst tragen müssen. Andererseits ist denkbar, daß die Abrechnung der Kosten zu Lasten der Klägerinnen durch die Beklagte zu 3) unberechtigt war. Auch wenn den Klägerinnen ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zu 3) zustehen sollte, ändert dies an einer daneben möglichen Haftung der Beklagten zu 1) und 2) für eine schuldhafte Verletzung ihrer Pflicht aus § 2216 Abs. 1 BGB nichts.

b) Daß die Klägerinnen möglicherweise mit einer Fortführung der Grundstücksverwaltung wie vor dem Erbfall und auch mit einer Umlegung aller entstehenden Kosten nach dem Verhältnis der

Netto-Mieteinnahmen einverstanden gewesen sein könnte, würde die Beklagten zu 1) und 2) nicht von ihrer Verpflichtung zur ordnungsmäßigen Verwaltung gemäß § 2216 BGB entbinden. Ein Testamentsvollstrecker hat seine Entscheidung in eigener Verantwortung zu treffen, und zwar unter Umständen auch gegen den Willen der Erben bzw. Vermächtnisnehmer (BGH, Urteil vom 3. Dezember 1986 – IVa ZR 90/85 – NJW 1987, 1070, 1071). Allerdings haben die Beklagten zu 1) und 2) in der Berufungsinstanz vorgetragen, die Kostenbelastung der Klägerinnen habe jedenfalls deshalb in deren Interesse gelegen, weil die Beklagte zu 3) zusätzlich Steuererklärungen für die Klägerinnen erstellt und ihnen dadurch sonst notwendig gewordene Steuerberatungskosten erspart habe. Ob das Verhalten der Beklagten zu 1) und 2) unter diesem Gesichtspunkt noch als ordnungsmäßige Verwaltung i. S. von § 2216 Abs. 1 BGB gelten kann, bleibt ebenfalls zu klären.

c) Auch wenn die Beklagten zu 1) und 2) ihrer Pflicht zur ordnungsmäßigen Verwaltung schuldhaft nicht genügt hätten, könnte das von den Klägerinnen bestrittene Einverständnis mit der Umlegung der Grundstücksverwaltungskosten, wenn es wirksam und in Kenntnis aller maßgebenden Umstände erklärt worden sein sollte, für den Anspruch aus § 2219 BGB unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens (§ 254 BGB) von Bedeutung sein. Insoweit wird das Berufungsgericht auch dieser Frage nachzugehen haben.