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Die Verbindlichkeit der testamentarisch festgelegten Vergütung des Testamentsvollstreckers – LG München I, Urteil vom 02.02.2007 – Az. 20 O 16805/06

Leitsätzliches:

Hat der Testator die Vergütung des bestimmten Testamentsvollstreckers festgelegt, so kann nicht von dieser Summe abgewichen werden. Auch eine Angemessenheitsprüfung entfällt.

Landgericht München I

Datum: 02.02.2007

Gericht: LG München I

Spruchkörper: 20 O

Entscheidungsart: Urteil

Aktenzeichen: 20 O 16805/06

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die teilweise Rückzahlung einer Testamentsvollstreckervergütung.

Die Klägerin ist aufgrund privatschriftlichen Testaments vom 7.2.2003 Alleinerbin der am 4.2.2004 verstorbenen … zuletzt wohnhaft ….

Der Beklagte wurde in dem Testament vom 7.2.2003 zum Testamentvollstrecker bestimmt. Im Testament heißt es:

“Ich ordne Testamentvollstreckung an. Zum Testamentvollstrecker bestimmt ich Rechtsanwalt …(…). Dieser kann das Amt auch wahrnehmen, wenn er seine Tätigkeit als Rechtsanwalt aufgegeben sollte. Der Testamentvollstrecker erhält als Vergütung einen Wert von 3,5 % aus dem beim Tode vorhandenen Bruttowerten ohne Abzug der Verbindlichkeit.”

Das Amt des Testamentvollstreckers hat der Beklagte angenommen. Er wurde durch Beschluss des Amtsgerichts München vom 16.6.2004 zum Testament-Vollstrecker ernannt.

Zum Nachlass der Verstorbenen gehörte eine Eigentumswohnung mit Tiefgaragenstellplatz und zwei Bankkonten bei der Raiffeisenbank (Konto … sowie).

Der Wert der Eigentumswohnung mit Tiefgaragenstellplatz wurde durch den Dipl. Sachverständigen …am 26.5.2004 mit 93000,– € bewertet.

Zum Zeitpunkt des Verkaufs der Eigentumswohnung am 1.12.2004 wurde ein Kaufpreis von 79 000,– € erzielt.

Der Kontostand der Konten der Erblasserin betrug zum Todestag 7012,– € zzgl.

Zinsen von 0,76 € (Konto …) sowie 5022,– € zzgl. 73 € Zinsen (Konto 42564190). Durch Vertrag zugunsten Dritter waren beide Konten an Frau … und deren damaligen Mann … abgetreten. Das Guthaben wurde nach Abzug der Schenkungssteuerschuld von je 136,– € an die Begünstigten ausgezahlt.

Mit Schreiben vom 30.11.2004 (Anlage K 4) stellte der Beklagte der Klägerin 6 721,91 € Rechtsanwaltsgebühren in Rechnung. Dieser Betrag setzt sich ausweislich der Rechnung zusammen aus 2 % Konstituierungsgebühr (2 107,18 €), 3,5 % Testamentsvollstreckergebühr (3 687,57 €) sowie 16 % Mehrwertsteuer aus dem Nettobetrag (927,16 €).

Mit Schreiben vom 23.2.2005 (Anlage K 5) stellte der Beklagte darüber hinaus 2 469,20 € Rechtsanwaltsgebühren in Rechnung. Diese Rechnung betraf die vom Beklagten erstellte Erbschaftssteuererklärung.

Die Restzahlung aus der Rechnung vom 30.11.2004 sowie die Zählung für die Rechnung von 23.2.2005 (1 300 € Honorarvorschuss sowie Restzahlung Honorar in Höhe von 1 169,20 €) wurden vom Rechtsanwalts-Anderkonto … abgebucht (vgl. Rechenschaftsbericht S. 10/11, Anlage K6).

Die klageweise geltend gemachten Ansprüche wurden seitens der Klägerin durch Anwaltsschreiben vom 11.8.2006 unter Fristsetzung zum 20.8.2006 geltend gemacht.

Die Klägerin trägt vor, die Gebühr von 3,5 % des Bruttonachlasswertes sei aus dem Wert von 79 500 € abzurechnen. Hinsichtlich des Wertes der Eigentumswohnung zum Todeszeitpunkt sei der tatsächliche Verkaufserlös anzusetzen. Die Schätzung durch den Sachverständigen sei nachrangig, Wenn der Nachlassgegenstand wie hier alsbald nach dem Erbfall veräußert worden sei. Die Guthaben sämtlicher Konten seien nicht zu berücksichtigen, da diese bereits zu Lebzeiten auf Dritte übergegangen und daher nicht Bestandteil des Nachlasses seien.

Eine Konstituierungsgebühr sowie eine zu entrichtende Umsatzsteuer könne der Beklagte aufgrund der ausdrücklichen Bestimmung der Erblasserin im Testament nicht beanspruchen. Der Wille der Erblasserin genieße insoweit Vorrang.

Die Erstellung der Erbschaftssteuerklärung sei als gesetzliche Aufgabe des Testamentvollstreckers mit der von der Erblasserin bestimmten Vergütung bereits abgegolten.

Die Einschaltung anwaltlicher Hilfe sei notwendig gewesen, da die Klägerin nicht in der Lage gewesen wäre, die Rechtsfragen zu beurteilen.

Die Klägerin beantragt daher:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6 256,84 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.08.2006 zu bezahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 305,95 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt:

  • Klageabweisung.

Der Beklagte behauptet, als Grundlage der Bemessung sei der Wert des Nachlasses mit 105 359,– € anzusetzen. Hinsichtlich des Wertes der Eigentumswohnung sei der vom Sachverständigen ermittelte Wert von 93 000,– anzusetzen. Hinzuzurechnen sei der Wert der beiden Konten.

Die Konstituierungsgebühr als Grund- und Kerngebühr zur Abgeltung der Müheverwaltung des Testamentvollstreckers zu Beginn seiner Tätigkeit, sei auch im Falle einer ausdrücklichen Bestimmung durch den Erblassers nicht von vorneherein ausgeschlossen. Die Aufnahme des Nachlasses sei im konkreten Fall umfangreich schwierig und langwierig gewesen.

Dem Testamentvollstrecker stehe die Mehrwertsteuer zu.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8.12.2006 Bezug genommen.

Gründe:

Die zulässige Klage ist im wesentlichen Teil begründet. Dem Kläger steht gegen den Beklagten gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ein Anspruch auf Rückzahlung von 5 984,84 € zu.

1. Die Vergütung des Beklagten betrug nach der ausdrücklichen Bestimmung der Erblasserin im Testament vom 7.2.2003 “3,5 % der aus dem beim Tode vorhandenen Bruttowerten ohne Abzug der Verbindlichkeit”.

Insoweit war als Bruttowert des Nachlasses, ohne Abzug der Verbindlichkeit 91 799,81 € (79 500 € für die Wohnung mit Tiefgaragenstellplatz sowie 12 107,76 € für die beiden Konten) zugrunde zu legen. Die Vergütung beträgt mithin 3 212,99 € (3,5 % aus 91 799, 81 €).

a) Der Wert der Wohnung mit Tiefgaragenstellplatz war mit 79 500 € anzusetzen. Insoweit war der alsbald nach dem Erbfall erzielte Veräußerungserlös und nicht wie vom Beklagten vorgetragen – der geschätzte Wert maßgeblich. Eine Schätzung ist stets mit einem Unsicherheitsfaktor belastet. Die Bestimmung des Wertes hat sich daher in erster Linie an dem tatsächlich alsbald nach dem Erbfall erzielten Veräußerungserlös zu orientieren (vgl. für das Pflichtteilsrecht: BGH NJW-RR 1 993,131; OLG Düsseldorf ZEV 1994, 361). Eine zeitnah zum Erbfall erfolgte Veräußerung spiegelt den tatsächlichen Wert am genauesten wieder. Im konkreten Fall kommt hinzu, dass der tatsächlich erzielte Kaufpreis erst nach Einschaltung eines Maklers erzielt werden konnte, nachdem zuvor ein selbständiger Versuch, die Wohnung zu veräußern, nicht erfolgreich war.

b) Entgegen dem klägerischen Vortrag war der Wert der beiden Konten dagegen voll zu berücksichtigen, obwohl diesbezüglich ein Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall abgeschlossen war. Auch wenn die Schenkung – wie es die Klagepartei vorträgt – zum Todeszeitpunkt bereits als vollzogen anzusehen war, ändert dies im konkreten Fall nichts daran, dass sich der Wert der von, der Erblasserin bestimmten Vergütung auch aus den beiden Konten errechnet. Daraus, dass sie die Bruttowerte ohne Abzug der Verbindlichkeit zur Grundlage der Vergütung machte, wird deutlich, dass alle Vermögenswerte Berücksichtigung finden sollen, auf die sich die Tätigkeit des Testamentvollstreckers bezieht, bezüglich derer er mithin Maßnahmen zu ergreifen hat. Dass einem Dritten durch Vertrag zugunsten Dritte auf den Todesfall zugewandtes Konto zum Zeitpunkt des Todes nicht mehr Bestandteil des Vermögens ist, ist einem juristischen Laien nicht geläufig.

2. Die übrigen Rechnungsposten konnte der Beklagte nicht von der Klägerin verlangen. Eine Testamentvollstreckervergütung wurde hier durch die Erblasserin im Testament ausdrücklich bestimmt. Darauf, welche Vergütung für die Aufgabe des Testamentvollstreckers angemessen ist, kommt es somit nicht an (vgl. § 2221 BGB). Hat der Erblasser die Vergütung festgelegt, kann der Testamentvollstrecker nach Annahme dieses Amtes nur diese verlangen. Eine Überprüfung des Erblasserwillens findet im Hinblick auf die vom Erblasser festgesetzte Vergütung nicht statt. Akzeptiert der Testamentvollstrecker diese Vergütung nicht, kann er nur die Übernahme des Amtes ablehnen oder mit den Erben verhandeln und ggf. eine höhere Vergütung vereinbaren (vgl. nur Palandt/ Edenhofer § 2221 Rn 4; Münch-KommBGB/ Zimmermann § 2221 Rn 4). Eine solche Vereinbarung mit der Klägerin ist hier nicht erfolgt. Auch eine Mandatierung des Beklagten durch die Klägerin ist nicht erfolgt.

a) Insbesondere kann der Beklagte neben der von der Erblasserin bestimmten Vergütung keine Konstituierungsgebühr abrechnen. Eine solche kann nur verlangt werden, wenn diese entweder mit den Erben vereinbart ist oder im Einzelfall angemessen ist (vgl. MünchKommBGB/ Zimmermann § 2221 Rn 13 unter III.) “angemessene Vergütung”) . Auf die Frage, welche Vergütung als angemessen anzusehen ist, kommt es jedoch vorliegend nicht an, da die Erblasserin die Vergütung ausdrücklich geregelt hat.

Im Übrigen sind im konkreten Fall besondere Schwierigkeiten bei der Aufnahme des Nachlasses nicht erkennbar: Die Wohnung war unbelastet. Es bestanden nur zwei Bankkonten bei derselben Bank. Schulden waren nicht vorhanden. Bei einer normal verlaufenden Abwicklungsvollstreckung muss die Berücksichtigung einer Konstituierungsgebühr jedoch ausscheiden (vgl. MünchKommBGB/Zimmermann § 2221 Rn 13).

b) Auch die Umsatzsteuer kann neben der von der Erblasserin ausdrücklich bestimmten Vergütung nicht verlangt werden. Soweit vertreten wird, dass ein umsatzsteuerpflichtiger Testamentvollstrecker die anfallende Mehrwertsteuer zusätzlich zur Vergütung abrechnen könne, betrifft dies in erster Linie den Fall, dass die angemessene Vergütung gemäß § 2221 BGB geschuldet ist (vgl. Münch- KommBGB/Zimmermann § 2221 Rn 13 unter III. “angemessene Vergütung” ). Hat jedoch die Erblasserin die Vergütung ausdrücklich bestimmt, genießt ihr Wille ausdrücklich Vorrang. Insoweit ist im Zweifel davon auszugehen, dass der von der Erblasserin festgesetzte Betrag inklusive Mehrwertsteuer zu verstehen ist (so auch GeroldlSchmidt, RVG, VV 7008 Rn 40 m.w.N.).

Hierfür spricht auch, dass die Erblasserin den Beklagten unabhängig davon, ob er zum Zeitpunkt ihres Ablebens seine Tätigkeit als Rechtsanwalt noch ausübt, als Testamentvollstrecker bestimmt und somit die Vergütung unabhängig von einer eventuellen Umsatzsteuerpflichtigkeit festgelegt hat.

Dem steht auch die Entscheidung des LG München I vom 8.12.2004 (Az 25 O 10582/04) nicht entgegen: Dieser lag insoweit eine besondere Konstellation zugrunde, als die Erben Erstattung der zu zahlenden Mehrwertsteuer verlangen konnten.

c) Auch für die Erstellung der Erbschaftssteuererklärung, die gemäß § 31 Abs. 5 EStG Aufgabe des Testamentvollstreckers ist, kann der Beklagte gesondert nach der BRAGO abgerechnete Rechtanwaltsgebühren nicht verlangen. Eine separate Vergütung war insoweit weder von der Erblasserin ausdrücklich vorgesehen noch ist eine Mandatierung durch die Erbin erfolgt.

Selbst wenn man – wie es für die angemessene Vergütung angenommen wird eine gesonderte Abrechnung für die Erbschaftssteuer dann als zulässig erachten würde, wenn dass Geschäft so beschaffen ist, dass ein anderer Testamentsvollstrecker es berechtigterweise einem Rechtsanwalt übertragen hätte, würde dies im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis führen: Besondere Schwierigkeiten bei der Erstellung der Erbschaftssteuer sind vorliegend nicht anzunehmen. Ein Einspruch wurde zwar eingelegt, dann aber wieder zurückgenommen.

3. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.4.2005 gemäß §§ 286, 288 I BGB zu.

4. Gemäß §§ 286, 288 I BGB kann die Klägerin die Erstattung von nicht anrechenbaren vorgerichtliche Anwaltsgebühren aus dem zugesprochenen Betrag nebst Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit verlangen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.