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Kein Verfahren zur Entlastung eines Testamentsvollstreckers nötig, wenn das Amt der Ausführung der Aufgabe erledigt ist. – KG Berlin, Beschluss vom 08.03.2012 – Az. 1 W 561/11

Leitsätzliches:

1) Ist die Ausführung einer übertagenen Aufgabe objektiv unmöglich geworden, endet das Amt des Testamentsvollstreckers. Der Wille des Erblassers kann nicht mehr durchgeführt werden und der Erbe muss seine Rechte selber wahrnehmen.
2) Das Prozessgericht entscheidet über die Zuständigkeit von Erbe oder Testamentsvollstrecker, nicht das Nachlassgericht.

Kammergericht Berlin

Datum: 08.03.2012

Gericht: KG Berlin

Spruchkörper: 1 W

Entscheidungsart: Beschluss

Aktenzeichen: 1 W 561/11

Gründe:

I. Die Beteiligte zu 2) ist Testamentsvollstreckerin über die ehemaligen Geschäftsanteile der Erblasserin an den Gesellschaften B## GmbH Gebäudemanagement, E## R#### GmbH, B##### und E## GbR und F## GmbH. Der Beteiligte zu 1) und Beschwerdeführer ist Alleinerbe.
In ihrem unter dem Datum vom 19.08.2008 errichteten notariellem Testament zur UR-Nr. 0##/2## des Notars R### in B###, auf das Bezug genommen wird (Beiakte zu 62 IV 2#/2## des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg, Bl.20 -25), hatte die Erblasserin u.a. Testamentsvollstreckung bezüglich der Geschäftsanteile unter Bestimmung der Beteiligten zu 2) als Testamentsvollstreckerin angeordnet sowie weiter verfügt:
"...
Der Testamentsvollstrecker soll die Geschäftsanteile nach den für einen ordentlichen Kaufmann geltenden Regeln verwalten und dabei die Gesellschafterrechte innerhalb der Gesellschaft wahrnehmen. Da bereits jetzt beabsichtigt ist, die Gesellschaftsanteile mittelfristig zu veräußern, soll der Testamentsvollstrecker an dem Verkauf mitwirken. Der Verkaufserlös und zwischenzeitlich ausgeschüttete Gewinne der jeweiligen Gesellschaften sollen an meinen Erben, ..., ausgezahlt werden. Die Testamentsvollstreckung soll mit dem Verkauf sämtlicher Gesellschaftsanteile an den vier Gesellschaften enden.
....."
Unter dem 02.02.2009 wurde der Beteiligten zu 2) ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt. Der Geschäftsanteil an der F### GmbH war noch kurz vor dem Ableben der Erblasserin veräußert worden. Mit Wirkung vom 01.01.2010 wurden die B## GmbH Gebäudemanagement und die E# R#### GmbH zur E# -B## R#### GmbH verschmolzen.
Durch Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 01.11.2010 - 36e IN 3##/1# - wurde über das Vermögen der E# -B## R#### GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. B## G## zum Insolvenzverwalter bestellt.
Am 14.12.2010 hielten die Gesellschafter der B##### und E## GbR, Herr E## und der Beteiligte zu 1), vertreten durch die Beteiligte zu 2), eine Gesellschafterversammlung ab, in der sie die Auflösung der Gesellschaft zum 31.12.2010 beschlossen und Herrn E## als Liquidator beriefen.
Mit einer Klage vom 07.10.2011 nimmt die B##### und E## GbR i.L. den Beteiligten zu 1) auf Zahlung von 81.954,84 EUR zum Ausgleich seines negativen Kapitalkontos und des auf ihn entfallenden hälftigen Verlustes aus 2011 in Anspruch. Grundlage waren die von der Beteiligten zu 2) auf den 31.12.2010 gefertigte Schlussbilanz der Gesellschaft sowie im Anschluss hieran eine Liquidationseröffnungsbilanz zum 01.01.2011 vom 21.06.2011. In dem vor dem Landgericht Berlin zum Az. 13 O 383/11geführten Prozess ist die Beteiligte zu 2) als Zeugin benannt.
Mit Schriftsatz vom 30.08.2010 beantragten die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten 1) die Beteiligte zu 2) als Testamentvollstreckerin aus wichtigem Grund wegen grober Pflichtverletzung als auch wegen Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung zu entlassen.
Mit Beschluss vom 09.06.2011, auf den verwiesen wird (Bd.I Bl. 227-231 d.A.) wies das Nachlassgericht den entsprechenden Antrag zurück.
Der Beteiligte zu 1) hat gegen die Zurückweisung des Entlassungsantrages Beschwerde eingelegt, der das Nachlassgericht nicht abgeholfen hat. Die Beschwerde richtet sich auch gegen die erstinstanzliche Kostenentscheidung, mit der dem Beteiligten zu 1) die Kosten auferlegt wurden.
Er macht geltend, die Beteiligte zu 2) habe beharrlich ihre Auskunftsverpflichtung ihm gegenüber verletzt und sei ihrer Verpflichtung zu Verkaufsbemühungen bezüglich der verwalteten Anteile nicht nachgekommen. Im Ergebnis der Testamentsvollstreckung sei bei einem anfänglichen Wert der Unternehmensbeteiligungen von mindestens 1,4 Millionen Euro von einer vollständigen Wertvernichtung und drohenden Verbindlichkeiten von 900.000,00 Euro auszugehen. Die Kostenentscheidung weiche vom gesetzlichen Leitbild bezüglich der Kostentragung ab.
Die Beteiligte zu 2) hat sich gegen ihre Entlassung gewandt.
Durch Verfügung vom 25.10.2011 hat der Senat die Beteiligte zu 2) um Mitteilung binnen 2 Wochen gebeten, welchen Stand das Insolvenzverfahren und das Liquidationsverfahren erreicht haben (Bd.II Bl. 23 d.A) und unter dem 02.02.2012 darauf hingewiesen, dass das Testamentsvollstreckeramt als beendet angesehen werden könnte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Hinweis (Bd.II Bl.70 f.) Bezug genommen. Die Beteiligten haben hierzu Stellung genommen.
II. 1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist statthaft (§ 58 Abs.1 FamFG), insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 63, 64 f. FamFG). Der Beteiligte zu 1), dessen Antrag zurückgewiesen wurde, ist gem. § 59 Abs.2 FamFG beschwerdeberechtigt. Der Beschwerdewert gem. § 61 Abs. 1 FamFG ist erreicht.
Da die Entscheidung in der Hauptsache angegriffen wird, ist vom Beschwerdegericht auch die Kostenentscheidung von Amts wegen zu überprüfen (vgl. Feskorn in Prütting/Helms, FamFG, 2.Auf., Rdn.32 zu § 81 m.w.N.)
2. Das Rechtsmittel hat in der Hauptsache keinen Erfolg, da das Amtsgericht den Antrag bereits deshalb hätte zurückweisen müssen, weil schon erstinstanzlich kein Raum für eine Entlassung der Beteiligten zu 2) aus ihrem Amts als Testamentsvollstreckerin mehr bestand, da dieses durch Aufgabenerledigung beendet war.
Das Verfahren auf Entlassung des Testamentsvollstreckers (§ 2227 Abs. 1 BGB) ist auf eine konstitutive Entscheidung des Nachlassgerichts gerichtet, die zur Beendigung des Testamentsvollstreckeramts führt. Das Amt des Testamentsvollstreckers endet jedoch von selbst mit der Ausführung der Aufgaben, die ihm der Erblasser zugewiesen hat, ohne dass es einer Aufhebung der Testamentsvollstreckung oder einer Entlassung des Testamentsvollstreckers bedarf (BGHZ 41, 23, 25; KG HRR 1937 Nr. 259; BayObLGZ 1953, 357, 362; vgl. auch J.Mayer in Mayer/Bonefeld, Testamentsvollstreckung, 3.Aufl., Rdn. 42 zu § 13). Denn das Amt des Testamentsvollstreckers ist nicht etwas für sich bestehendes; es erhält seine Grundlage und seinen Inhalt ausschließlich durch die dem Testamentsvollstrecker vom Erblasser übertragenen Obliegenheiten (RGZ 81, 166, 168).
Für eine Entlassung des Testamentsvollstreckers (§ 2227 Abs. 1 BGB) aus dem bereits beendeten Amt ist kein Raum. Besteht hierüber Streit oder liegt eine Beendigung nach dem geäußerten Erblasserwillen nahe, so hat sich das Nachlassgericht sowie nachfolgend das Beschwerdegericht mit dieser Vorfrage zu befassen.
3. Die der Beteiligten zu 2) als Testamentsvollstreckerin zugewiesenen Aufgaben sind durch Auslegung des Testamentes von 2008 zu ermitteln.
Vorliegend sollte die Testamentsvollstreckung nach der testamentarischen Verfügung mit dem Verkauf sämtlicher Geschäftsanteile enden, wobei die mittelfristige Veräußerung und Auskehrung des Erlöses zum Tätigkeitsbereich des Testamentsvollstreckers gehörte.
Eine entsprechende Aufgabenerfüllung ist zum jetzigen Zeitpunkt unmöglich geworden, weil über das Vermögen der E# -B## R#### GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und auch die B##### und E## GbR sich nach ihrer Auflösung in Liquidation befindet. Nach dem wirtschaftlichen Niedergang der Beteiligungen ist deren gewinnbringender Verkauf gegenstandslos geworden (vgl. hierzu OLG Hamm, ZEV 2003, 27, 29).
Im Rahmen des eröffneten Insolvenzverfahrens wird die Verwertung des Vermögens der betroffenen Gesellschaft durchgeführt und die GbR i.L. macht nach Erstellung einer Schlussbilanz zum 31.12.2010 in einem Zivilprozess vor dem Landgericht Berlin nur noch Forderungen aus seinem negativen Kapitalkonto gegen den Beteiligten zu 1) geltend. Die Beteiligte zu 2) ist in diesem Prozess als Zeugin benannt.
In einem solchen Fall ist nach Auffassung des Senats davon auszugehen, dass die Testamentsvollstreckung ihr Ende gefunden hat, da die primär von der Erblasserin verfügte Tätigkeit (Verwaltung mit dem Ziel des Verkaufs der Gesellschaftsanteile und Erlösauskehr) nicht mehr erreicht werden kann. Die reinen Überprüfungsaufgaben nach dem Abschluss des Insolvenzverfahrens und des Liquidationsverfahrens werden daher von der Anordnung der Testamentsvollstreckung nicht mehr erfasst. Gleiches gilt für die Auseinandersetzung der Gesellschafter der B##### und E## GbR i.L., wobei der Beteiligte zu 1) seine Gesellschafterrechte ohnehin besser mit rechtlichem Beistand selber wahrnehmen kann.
4. Ist danach das Amt des Testamentsvollstreckers mit der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der E# -B## R#### GmbH und dem Auflösungsbeschluss hinsichtlich der B##### und E## GbR zum 31.12.2010 beendet, hat sich das Entlassungsverfahren erledigt. Dies ist von Amts wegen zu berücksichtigen.
Da der Zeitpunkt der Erledigung vor der Beschwerdeeinlegung liegt, ist diese als unzulässig zu verwerfen, sofern sie nicht zurückgenommen wird (BayObLG, ZEV 1995, 370, 371). Von der entsprechenden Möglichkeit hat der Beschwerdeführer nach dem Hinweis des Senats vom 02.02.2011 keinen Gebrauch gemacht.
5. Das Begehren des Beschwerdeführers kann auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Nachlassgericht von einer fortdauernden Testamentsvollstreckung ausgegangen ist, nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Feststellung begehrt wird, dass die Testamentsvollstreckung beendet und das Amt des Testamentsvollstreckers beendet ist. Denn ein entsprechender Ausspruch ist dem Nachlassgericht und auch dem Beschwerdegericht mangels Zuständigkeit verwehrt (vgl. BayObLGZ 1953, 357, 361 m.w.N.), da hierüber das Prozessgericht im Streitfall zu entscheiden hat (BGHZ 41, 23, 28; Senat, HRR 1937 Nr. 257).
III. Auf die zulässiger Weise im Zusammenhang mit dem Rechtsmittel angegriffene Kostenentscheidung war die nach billigem Ermessen entsprechend § 81 Abs.1 FamFG ergangene Kostenentscheidung zu überprüfen. Wenn die Kostenentscheidung in das Ermessen des erstinstanzlichen Gerichts gestellt ist, beschränkt sich die Überprüfungsmöglichkeit durch das Beschwerdegericht auf die Frage, ob das erstinstanzliche Gericht von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat (vgl. Feskorn, aaO., Rdn.36 zu § 82). Im vorliegenden Fall kann nicht festgestellt werden, dass das Amtsgericht überhaupt sein Ermessen ausgeübt hat, da eine Begründung der Kostenentscheidung fehlt. In einem solchen Fall hat das Beschwerdegericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen (vgl. zur Billigkeitsabwägung eingehend OLG Düsseldorf, NJOZ 2011, 1859 ff.). Orientierungspunkte für die Ausübung des Ermessens liefern u.a. das Verfahrensverhalten der Beteiligten und das Verfahrensergebnis (vgl. Wilsch in Holzer, FamFG, Rdn.4 zu § 81). Danach ist eine Kostenauferlegung auf einen Verfahrensbeteiligten nicht angemessen, da die nach Auffassung des Senats entscheidungserheblichen Umstände weder von dem erstinstanzlichen Gericht noch den Beteiligten erwogen wurden. In einem solchen Fall ist von der Anordnung einer Kostenerstattung abzusehen. Vielmehr verbleibt es im Ausgangspunkt bei dem Grundsatz in den Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, dass die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben (vgl. Müther in Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, Rdn.6 zu § 81 m.w.N.).
IV. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 84 FamFG. Hiervon abzuweichen besteht auf Grund der Erfolglosigkeit des Beschwerdeverfahrens keine Veranlassung.
Den Wert des Beschwerdegegenstandes hat der Senat gemäß §§ 131 Abs. 1, 113 Satz 2, 30 Abs. 2 Satz 1 KostO mit 3000,00 EUR bestimmt. Im Hinblick auf die fehlende Werthaltigkeit der Gesellschaftsbeteiligungen war von dem Regelwert auszugehen.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 Abs.1 und 2 FamFG) liegen nicht vor. Die Entscheidung des Senats wirft keine entscheidungserheblichen klärungsbedürftigen Rechtsfragen auf, die über den konkreten Einzelfall hinaus in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten können. Insbesondere weicht der Senat nicht von den in der Rechtsprechung zum Erlöschen des Testamentsvollstreckeramtes entwickelten Grundsätzen ab, sondern wendet diese auf die Umstände des konkreten Einzelfalls an.