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Geschäftswertermittlung in einem Verfahren auf Entlassung des TVN – OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13.01.2016 – Az. 11 Wx 108/15

Leitsätzliches:

Die Geschäftswertermittlung richtet sich nach dem GNotKG auch wenn der Antrag von einem Nichtberechtigten kommt.

 

Oberlandesgericht Karlsruhe

Datum: 13.01.2016

Gericht: OLG Karlsruhe

Spruchkörper: 11 Wx

Entscheidungsart: Beschluss

Aktenzeichen: 11 Wx 108/15

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 wenden sich gegen die Geschäftswertfestsetzung in einem die Entlassung des Testamentsvollstreckers betreffenden Verfahren.

Der Beteiligte zu 3 ist ausweislich eines vom Nachlassgericht am 16. April 2014 erteilten Zeugnisses Testamentsvollstrecker für den Nachlass des Erblassers. Mit Schriftsatz vom 27. März 2015 beantragten die Beteiligten zu 1 und 2 seine Entlassung aus diesem Amt. Zur Begründung trugen sie vor, der Beteiligte zu 3 sei zugleich Vorstandsvorsitzender der als Erbin ausgewiesenen Stiftung. Die Beteiligten zu 1 und 2 sähen sich in erheblichem Umfang Forderungen der Stiftung ausgesetzt, ohne dass zuvor das Bestehen dieser Ansprüche vom Testamentsvollstrecker geprüft worden sei. Die im Raum stehenden Ansprüche könnten nur durch einen “unbefangenen neutralen Testamentsvollstrecker beurteilt und bearbeitet werden”. Es bestehe zudem eine Interessenkollision zwischen den Aufgaben des Testamentsvollstreckers und des Stiftungsvorstands. Gegenstand der Forderungen der Stiftung sei die Rückzahlung eines Darlehens über 1,2 Mio. EUR.

Das Nachlassgericht hat den Antrag als unzulässig zurückgewiesen, da es an der nach § 2227 BGB erforderlichen Antragsberechtigung fehle, und den Beteiligten zu 1 und 2 die Kosten des Verfahrens auferlegt. Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 3 hat das Nachlassgericht den Geschäftswert des Verfahrens auf EUR 628.739 festgesetzt; dabei hat es gemäß § 65 GNotKG ein Zehntel des im Antrag auf ein Testamentsvollstreckerzeugnis angegebenen Nachlasswerts angesetzt. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2. Sie sind der Auffassung, der gesamte Nachlasswert könne nur dann zum Ausgangspunkt der Berechnung genommen werden, wenn der Antrag von Miterben oder anderen Beteiligten im Sinne des § 2227 BGB gestellt werde.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen; der Testamentsvollstrecker ist ihr entgegengetreten.

II.

Die nach § 83 Absatz 1 Satz 1 GNotKG zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Nachlassgericht hat den Geschäftswert des Entlassungsverfahrens zutreffend gemäß § 65 GNotKG auf ein Zehntel des Nachlasswerts festgesetzt.

1. Soweit die Beteiligten zu 1 und 2 – insbesondere in ihrem Schriftsatz vom 3. Januar 2016 – Ausführungen zu der Frage machen, ob das Nachlassgericht ihren Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers zu Recht als unzulässig zurückgewiesen hat, kommt es hierauf in dem vorliegenden – allein den Geschäftswert betreffenden – Verfahren nicht an.

2. Das Nachlassgericht hat die Vorschrift des § 65 GNotKG zu Recht für anwendbar gehalten.

a) Soweit die Beschwerdeführer sinngemäß die Auffassung vertreten, die Norm sei nur heranzuziehen, wenn ein Entlassungsverfahren von einem nach § 2227 BGB Antragsberechtigten betrieben werde, findet das weder im Wortlaut der Norm noch in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/11471, S. 174) eine Stütze. Auch der Zweck der Norm rechtfertigt eine solche Beschränkung ihres Anwendungsbereichs nicht. Das Gesetz sieht eine teilweise Entlassung des Testamentsvollstreckers in der Form des Ausschlusses von der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben nicht vor. Vor diesem Hintergrund erstreckt sich das auf Entlassung eines Testamentsvollstreckers gerichtete Verfahren stets auf dessen gesamtes Amt und nicht (lediglich) auf die Erledigung einzelnen Aufgaben. Das Nachlassgericht kann deshalb bei seiner Entscheidung auch nicht nur eine einzelne Befugnis des Testamentsvollstreckers in den Blick nehmen, sondern muss die gebotene Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung aller ihm testamentarisch zugewiesenen Aufgaben treffen. Das muss auch in der Geschäftswertbemessung und der an sie anknüpfenden Gebührenhöhe zum Ausdruck kommen.

b) Mit ihrem Schriftsatz vom 3. Januar 2016 vertreten die Beschwerdeführer die Auffassung, dass ein Fall des § 2227 BGB – und damit auch des § 65 GNotKG – nicht vorliege, vielmehr die Entlassung des Testamentsvollstreckers “in Anwendung der §§ 242 BGB, 41 ff. ZPO in analoger Anwendung” vom Nachlassgericht zu prüfen gewesen wäre. Das steht bereits im Widerspruch zu ihrem eigenen Antragsvorbringen, in dem um Entlassung des Testamentsvollstreckers ausdrücklich “gem. § 2227 BGB” nachgesucht worden ist und Ausführungen zu den Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm gemacht worden sind. Im Übrigen knüpft § 65 GNotKG nicht an § 2227 BGB an, sondern regelt allgemein den Geschäftswert von Verfahren betreffend die Ernennung oder Entlassung von Testamentsvollstreckern.

2. Die in § 65 enthaltene Verweisung auf § 40 Absatz 2 und 3 GNotKG rechtfertigt keine andere Beurteilung. Eine Beschränkung des Geschäftswerts nach diesen Normen kommt vielmehr nur dann zum Tragen, wenn die Testamentsvollstreckung – was zulässig ist (vgl. etwa BeckOK BGB/J. Mayer, Edition 36, § 2197 Rn. 23) – auf einzelne Erbteilte oder Gegenstände beschränkt wird; das ist hier aber nicht geschehen (vgl. OLG Hamburg ZEV 2015, 549 unter VII.; Leipziger Gerichts- und Notarkostenkommentar/Zimmermann, § 65, Rn. 4; Fackelmann/Heinemann/Teubel, GNotKG, § 65, Rn. 9; Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, § 65, Rn. 8).

3. Der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Oktober 2012 (NJW-RR 2013, 260), auf die sich die Beteiligten zu 1 und 2 beziehen, kann etwas anderes nicht entnommen werden. Diese bezieht sich auf die auf den vorliegenden Fall nicht mehr anwendbare Kostenordnung. Die nach §§ 113 S. 2, 30 Absatz 2 KostO vorgesehen Schätzung des Interesses in Verfahren der Testamentsvollstreckerentlassung ist in § 65 GNotKG nicht mehr vorgesehen.

4. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 85, 337) dürfen Gebühren für staatliche Leistungen nicht völlig unabhängig von den tatsächlichen Kosten der gebührenpflichtigen Staatsleistung festgesetzt werden; die Verknüpfung zwischen den Kosten und der Gebührenhöhe muss sachgerecht sein. Der Gesetzgeber ist allerdings nicht gehindert, neben der Kostendeckung weitere Ziele zu verfolgen und bei den Gebührenmaßstäben auch den Wert der staatlichen Leistung zu berücksichtigen. Die Gebührenregelungen dürfen mit Blick auf den Justizgewährungsanspruch zu dem angestrebten wirtschaftlichen Erfolg allerdings nicht derart außer Verhältnis stehen, dass die Anrufung der Gerichte nicht mehr sinnvoll erscheint. Nach diesem rechtlichen Maßstab sind die verfassungsrechtlichen Grenzen der Gebührenerhebung hier noch nicht überschritten. Legt man – wie vom Nachlassgericht festgesetzt – einen Geschäftswert von EUR 628.739 zugrunde, entstehen für das die Entlassung des Testamentsvollstreckers betreffende Verfahren Gerichtsgebühren in Höhe von EUR 2.038 (0,5 Gebühren gemäß Tabelle A zum GNotKG, KV Nr. 12420). Das steht nicht außer Verhältnis zu dem wirtschaftlichen Ziel der Beteiligten zu 1 und 2 als Antragsteller. Wie deren Vorbringen im Entlassungsantrag zeigt, sind sie der Auffassung, dass der als Darlehen hingegebene Betrag nicht zurückgefordert werden könne, weil es sich “um Schenkungen zugunsten der gemeinsamen Tochter gehandelt hat und handelt”. Die Antragsteller haben sich vor dem Hintergrund dagegen gewandt, dass aus einem Darlehensvertrag über 1’2 Mio. EUR und einer Grundschuld über 1’6 Mio. EUR vorgegangen wird. Zwar weisen die Antragsteller zu Recht darauf hin, dass in dem Testamentsvollstreckerentlassungsverfahren über die Berechtigung der Forderung der Erbin nicht sachlich zu entscheiden war. Der gegen den Testamentsvollstrecker erhobene Vorwurf, er habe Forderungen gegen sie gestellt, ohne diese zuvor zu prüfen, zeigt aber, dass das Ziel der Antragsteller letztlich darin bestand, die Inanspruchnahme aus einer von ihnen als ungerechtfertigt angesehenen Forderung zu vermeiden. Legt man dies zugrunde, stehen die angefallen staatlichen Gebühren dazu nicht außer Verhältnis. Dass es “schon an einem unmittelbaren Zusammenhang des Petitums der Beschwerdeführer mit dem vom Testamentsvollstrecker zu vollziehenden bzw. zu verwaltenden Erbe” gefehlt habe – wie es die Beschwerdeführer geltend gemacht haben (Schriftsatz vom 3. Januar 2016, S. 6) – lässt sich vor dem Hintergrund ihres eigenen Vorbringens in der Antragsschrift nicht sagen.

5. Das Nachlassgericht ist bei seiner Berechnung zutreffend von einem Ausgangswert von EUR 6,28 Mio. EUR ausgegangen. Diesen Betrag hatte der Testamentsvollstrecker in seinem Antrag auf Erteilung eines Zeugnisses angegeben (Barwerte EUR 4.387.935,33, Grundstücke ca. 900.000, Versicherungen ca. EUR 1.000.000). Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit dieser Angabe liegen nicht vor.

III.

Die Entscheidung über Kosten und Auslagen folgt aus § 83 Absatz 3 GNotKG. Die Zulassung der weiteren Beschwerde kommt nach §§ 83 Absatz 1 Satz 5, 81 Absatz 4 Satz 1 GNotKG nicht in Betracht, da nicht das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden hat.