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Der Pflichtteilsberechtigte und der Umfang seines Auskunftsanspruches – OLG München, Urteil vom 01.12.2019 – Az. 20 U 3260/10

Leitsätzliches:

1) Der Erbe steht dem Pflichtteilsberechtigten gegenüber in der Auskunftspflicht über Schenkungen des Erblassers während seiner letzten 10 Lebensjahre.
2) Ein Anspruch auf ergänzende Auskunft kann sich lediglich aus einem Rechtsirrtum oder offensichtlicher Unvollständigkeit ergeben.

Oberlandesgericht München

Datum: 01.12.2019

Gericht: OLG München

Spruchkörper: 20 U

Entscheidungsart: Urteil

Aktenzeichen: 20 U 3260/10

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten, ihrem Bruder, Auskünfte für die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen.

Die Eltern der Parteien hatten sich mit notariellem Erbvertrag vom 11.08.1976, ergänzt am 21.05.1991, gegenseitig als Alleinerben eingesetzt und den Beklagten als Schlusserben bestimmt.

Am 21.06.1997 verstarb der Vater. Die Mutter als Alleinerbin erstellte am 10.01. und 11.11.1998 Nachlassverzeichnisse (Anlagen K 21, K 9). Die Klägerin erhielt einen Pflichtteil in Höhe von 106.422,36 DM.

Mit notariellem Übergabevertrag vom 28.04.1998 übergab die Mutter das elterliche Anwesen an den Beklagten.

Am 25.06.2008 verstarb die Mutter, die der Beklagte allein beerbte. Mit Schreiben vom 05.08.2009 forderte der anwaltliche Vertreter der Klägerin den Beklagten auf, Auskunft über den Bestand des Nachlasses der Mutter zu erteilen einschließlich aller von der Mutter vorgenommenen Schenkungen an Dritte in der Zeit vom 25.06.1998 bis 25.06.2008 und aller vorgenommenen ausgleichspflichtigen Zuwendungen bis zum 25.06.2008 (Anlage K 12). Der Beklagte übersandte mit anwaltlichem Schreiben vom 27.08.2009 (Anlage K 13) ein Nachlassverzeichnis und teilte mit, dass Schenkungen der Erblasserin an Dritte in der angegebenen Zeit ebenso wenig bekannt seien wie ausgleichspflichtige Zuwendungen.

Die Klägerin geht aufgrund der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern davon aus, dass die Nachlassverzeichnisse betreffend sowohl den Nachlass des Vaters als auch den der Mutter grob lückenhaft und fehlerhaft sind. Einen Beweis sieht sie darin, dass Ende 2008 der Beklagte von der spanischen Banco B. über zwei Konten, lautend auf den Namen der Mutter, informiert wurde (Anlage K 11), die im Nachlassverzeichnis nach dem Tod des Vaters nicht angegeben waren, obwohl sie schon vor dem Tod des Vaters eingerichtet worden waren und das Guthaben den Eltern gemeinschaftlich gehörte. Ferner stützt sie ihre Vermutung einer falschen Auskunft darauf, dass im Verzeichnis betreffend den Nachlass des Vaters ca. 146.000 EUR Bankvermögen angegeben sind, die nunmehr im Verzeichnis betreffend den Nachlass der Mutter nicht mehr erscheinen, obwohl die Mutter dieses Geld nicht ausgegeben haben könne. Demgegenüber habe der Beklagte zwischen 1995 und 2000 323.000 DM aufgewendet, die er nicht selbst erwirtschaftet haben könne. Die Klägerin behauptet, das nach dem Tod des Vaters gefertigte Nachlassverzeichnis vom 03.12.1997 gegenüber dem Amtsgericht Freising sei nicht von der Mutter, sondern der Ehefrau des Beklagten unterschrieben worden. Der Vater habe Vermögen auch im Ausland, z.B. Österreich und Irland, angelegt, wobei ihm der Beklagte behilflich gewesen sei.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Beklagte zu ergänzender und berichtigender Auskunft über den Bestand und den Verbleib des Nachlasses beider Elternteile verpflichtet sei, damit sie weitere Pflichtteilsansprüche nach ihrem Vater sowie den Pflichtteil nach ihrer Mutter geltend machen könne. Sie verlangt deshalb im Wege der Stufenklage in erster Stufe ergänzende Auskünfte.

Im Laufe des Verfahrens erster Instanz hat der Beklagte hinsichtlich der Klageanträge 1. b), c) und d) ergänzende Auskunft erteilt, so dass diese Anträge übereinstimmend für erledigt erklärt wurden.

Die Klägerin beantragte in erster Instanz in erster Stufe zuletzt, Auskünfte gemäß den Klageanträgen 1. a), e) bis k) zu erteilen.

Der Beklagte beantragte insoweit Klageabweisung. Pflichtteilsansprüche der Klägerin nach dem Vater seien bereits durch Zahlung erfüllt, hierüber sei auch ein Vergleich abgeschlossen worden. Etwaige Ansprüche im Zusammenhang mit dem Pflichtteil nach dem Vater seien auch verjährt. Über den Nachlass der Mutter habe der Beklagte bereits umfassend und vollständig Auskunft erteilt.

Ergänzend wird hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht wies die auf Auskunft gerichteten Klageanträge 1. a), e) bis k) mit Teilurteil ab. Etwaige Pflichtteilsansprüche nach dem Vater seien verjährt, so dass insoweit auch kein Auskunftsanspruch mehr bestehe. Die Berufung auf Verjährung sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, da sich die Mutter des Beklagten als auskunftspflichtige Person nicht rechtsmissbräuchlich verhalten habe. Ein Anspruch auf Auskunft über den Verbleib von Nachlassgegenständen bestehe nicht, ebenso wenig ein Anspruch auf Auskunft über Auslandsreisen. Über den Bestand des Nachlasses der Mutter einschließlich etwaiger Schenkungen und Zuwendungen sei bereits Auskunft erteilt worden, der Anspruch also erfüllt. Ergänzend wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Mit der hiergegen eingelegten Berufung rügt die Klägerin, dass hinsichtlich der Pflichtteilsansprüche nach dem Vater zu Unrecht Verjährung angenommen worden sei. Die Mutter habe sich rechtsmissbräuchlich verhalten, da sie über die spanischen Konten habe Bescheid wissen müssen, diese aber im Nachlassverzeichnis verschwiegen habe. Da das Verzeichnis über den Nachlass des Vaters hinsichtlich der spanischen Konten unrichtig sei, müsse eine komplett neue Auskunft über den Nachlass des Vaters insgesamt erteilt werden. Da die Klägerin nachgewiesen habe, dass im Verzeichnis betreffend den Nachlass der Mutter gegenüber dem Nachlass des Vaters 146.000 EUR Bankvermögen fehlen, müsse sich der Beklagte über den Verbleib dieses Vermögens erklären. Das Landgericht habe verkannt, dass sich der Auskunftsanspruch auch auf den fiktiven Nachlass, also Schenkungen und Zuwendungen, beziehe, wobei es für Zuwendungen, auch an die Kinder des Beklagten, keine zeitliche Begrenzung gebe. Die Frage nach den Auslandsreisen sei eine vom Auskunftsanspruch umfasste Begleitfrage.

Die Klägerin beantragt daher, das klageabweisende Teilurteil des Landgerichts Landshut aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, in der ersten Stufe der Stufenklage ergänzende Auskünfte wie folgt zu erteilen:

a) Waren weitere Vermögenswerte neben dem im notariellen Nachlassverzeichnis vom 11.11.1998 (Nachlass Herbert K.) angegebenen Vermögen, z.B. insbesondere weiteres Bankvermögen sowohl im In- als auch insbesondere im Ausland, weitere sonstige Vermögenswerte (z.B. Edelmetalle) bzw. Bargeld sowohl im In- als auch im Ausland beim Tode des Erblassers Herbert K. am 21.06.1997 vorhanden, welche mit dem Erbfall auf die Erbin Käte K. übergegangen sind? Wenn ja, in welcher Höhe und wo befindet sich dieses Vermögen?

Waren die Auskünfte, die im Zusammenhang mit dem Tod der Erblassers Herbert K. erteilt wurden (Nachlassverzeichnis an das Amtsgericht Freising vom 03.12.1997 und notarielles Bestandsverzeichnis vom 11.11.1998) richtig, insbesondere die Auskunft auf Seite 6 des Nachlassverzeichnisses, dass vom Erblasser Herbert K. innerhalb der 10-Jahres-Frist des § 2325 BGB keine Schenkungen und Zuwendungen vorgenommen wurden? Wenn nein, wie lauten die richtigen Auskünfte?

e) Wo ist das Vermögen verblieben, das nachweislich aufgrund des am 11.11.1998 abgegebenen Nachlassverzeichnisses (Erbsache Herbert K.) in Höhe von ca. 146.000,- EUR im Jahre 1998 noch vorhanden war?

f) Warum wurde im Jahr 1998 in dem notariellen Nachlassverzeichnis das nunmehr nachträglich mitgeteilte Konto bei der spanischen Bank B. nicht mitgeteilt? Wer hat das gegenüber dem Amtsgericht Freising abgegebene Nachlassverzeichnis vom 03.12.1997 angefertigt und unterzeichnet?

g) Wenn keine Schenkung erfolgt ist, wie angegeben und auch nicht im Nachlassverzeichnis angegeben, wo ist dann der Schmuck der Erblasserin Käte K. geblieben, dessen Wert sich auf mindestens 25.000,00 EUR beläuft (die Erblasserin Käte K. hatte teuren Goldschmuck als Armbänder sowie wertvolle Ringe, Halsketten und Broschen)? Warum wurde der Schmuck

der Erblasserin nicht im Nachlassverzeichnis angegeben? h) Wo sind die Einrichtungsgegenstände verblieben, wie Sammler-Antikschrank voll mit wertvollem Porzellan, handgeschnitzte Holztruhe aus Kampferholz, sehr wertvolle große Komposition aus Porzellan bestehend aus Hahn und Henne, handgeschnitzte Vier-Jahreszeiten aus Lindenholz sowie eine Bronzefigur (Flammenfrau), beides modelliert und geschnitzt vom akademischen Bildhauer Leonhard aus Freising? Wo sind die alten wertvollen Bierkrüge und die Ölbilder, die die Eltern aus Paris mitgebracht hatten, geblieben?

i) Sind an die Familienangehörigen des Beklagten, namentlich die Ehefrau des Beklagten Paula K. und/oder an die Kinder des Beklagten, namentlich Esther K. und Patrick K. Schenkungen seit 1987 erfolgt? Wenn ja, wann und in welcher Höhe?

j) Der Beklagte hat Auskunft zu geben über Reisen ins Ausland, die er oder dessen Ehefrau oder dessen Kinder im Auftrag der Erblasser Herbert und/oder Käte K. unternommen haben und zwar zum Zwecke der Vermögensverwaltung der Erblasser Herbert und Käte K. Was wurden hier für Geschäfte getätigt?

k) Sind im Zeitraum von 30 Jahren vor dem Ableben der Erblasserin Käte K. Schenkungen an den Beklagten erfolgt?

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt das landgerichtliche Urteil. Hinsichtlich der beiden spanischen Konten teilte er im nachgelassenem Schriftsatz vom 17.11.2010 mit, dass er davon ausgehe, dass nur die Mutter die Konten unterhalten habe.

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 27.10.2010 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet, soweit es um den von dem Klageantrag zu a) umfassten Antrag auf Auskunft über den Kontostand der beiden spanischen Konten zum Stichtag 21.06.1997 geht (1). Im Übrigen ist die Berufung unbegründet, da die geltend gemachten Ansprüche teilweise nicht bestehen, teilweise bereits erfüllt sind (2).

1. Der im Klageantrag zu a) enthaltene Antrag auf ergänzende Auskunft über den Nachlass des Vaters ist insoweit begründet, als es um den Kontostand der beiden spanischen Konten (Anlage K 11) zum Stichtag 21.06.1997 geht.

Dieser Anspruch ergibt sich daraus, dass die Mutter ihre Pflicht aus § 2314 BGB, über den Nachlass des Vaters Auskunft zu erteilen, dadurch verletzte, dass sie im Nachlassverzeichnis die beiden spanischen Konten nicht angab.

Die Klägerin hatte bereits in erster Instanz wie auch in der Berufungsbegründung vorgetragen, dass die spanischen Konten schon vor dem Tod des Vaters angelegt worden waren, als die Eltern die Wintermonate gemeinsam auf Mallorca verbracht hatten, und dass das Vermögen auf den Konten den Eltern gemeinschaftlich gehörte. Diesem Vortrag war der Beklagte weder in erster Instanz noch in der Berufungserwiderung entgegengetreten, vielmehr hatte er selbst gegenüber dem Amtsgericht Freising mit Schreiben vom 11.12.2008 (Anlage K 10) die Existenz der Konten damit erklärt, dass die Eltern auf Mallorca überwintert hatten. In der nunmehr erstmals im Schriftsatz vom 17.11.2010 aufgestellte Vermutung, dass “offenbar” nur die Mutter die beiden Konten unterhielt, ist schon kein substantiiertes Bestreiten der klägerischen Behauptung zu sehen, dass es sich bei dem Vermögen auf den Konten um gemeinschaftliches Vermögen der Eltern handelte. Ein solches verspätetes Bestreiten wäre auch nicht zuzulassen (§ 531 Abs. 2 ZPO), zumal Vortrag hierzu nicht erst durch den in der mündlichen Verhandlung vom 27.10.2010 erteilten Hinweis veranlasst gewesen wäre; denn die Frage einer Pflichtverletzung durch die Mutter hatte bereits im Zusammenhang mit dem Vorwurf der rechtsmissbräuchlichen Berufung auf die Einrede der Verjährung der Pflichtteilsansprüche nach dem Vater eine Rolle gespielt. Der Beklagtenpartei war durch den Senat Schriftsatzfrist eingeräumt worden, um Gelegenheit zur etwaigen Entkräftung der Vermutung des Verschuldens der Mutter zu erhalten.

Die objektive Pflichtverletzung der Mutter durch Nichtangabe der spanischen Konten im Nachlassverzeichnis des Vaters stand hingegen aufgrund des unstreitigen Vortrags der Parteien bereits fest.

Die Vermutung des Verschuldens der Mutter (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB) konnte der Beklagte nicht entkräften. Folge der Verletzung der Auskunftspflicht ist, dass die Klägerin so zu stellen ist, wie wenn richtige Auskunft erteilt worden wäre. Wäre richtige Auskunft erteilt worden, hätte die Klägerin ihren Pflichtteilsanspruch nach dem Vater unter Einbeziehung des Vermögens auf den spanischen Konten berechnet und somit möglicherweise einen höheren Pflichtteilsbetrag geltend machen können. Mit diesem Schadensersatzanspruch, für den der Beklagte als Erbe seiner Mutter gemäß § 1967 als Nachlassverbindlichkeit haftet, ist nun gemäß § 242 BGB ein Anspruch auf Auskunft über den Kontostand zum Zeitpunkt des Todes des Vaters verbunden.

Denn die Klägerin, die sich als Nichterbin nicht selbst über den Kontostand informieren kann, kann nur mittels dieser Auskunft feststellen, ob ihr noch ein Zahlungsanspruch hinsichtlich ihres Pflichtteils nach dem Vater zusteht. Einem Schadensersatzanspruch auf Zahlung einer etwaigen Differenz stünde auch nicht der vom Beklagten behauptete, aber nicht näher dargelegte Vergleich entgegen. Denn ein solcher wäre, da die spanischen Konten nicht einbezogen worden waren, auf falscher Grundlage geschlossen worden (vgl. § 779 Abs. 1 BGB).

Verjährung des auf der Pflichtverletzung durch falsche Auskunft der Mutter beruhenden Schadensersatzanspruchs ist noch nicht eingetreten, so dass auch noch ein objektives Interesse an der Auskunft besteht. Der Schadensersatzanspruch gegen die Mutter aus positiver Forderungsverletzung verjährte nach früherem Recht nach 30 Jahren, nach neuem Recht in drei Jahren ab Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis der anspruchsbegründenden Umstände bzw. in zehn Jahren unabhängig von der Kenntnis (§§ 195, 199 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB). Gemäß der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 EGBGB werden die neuen kürzeren Fristen vom 01.01.2002 an berechnet. Da die Klägerin von den spanischen Konten frühestens Ende 2008 erfahren hatte, war bis zur Klageerhebung weder die dreijährige kenntnisabhängige noch die zehnjährige kenntnisunabhängige Frist abgelaufen.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass es nicht darauf ankommt, wann der Beklagte von den beiden spanischen Konten Kenntnis erhielt, da es insoweit um eine Pflichtverletzung der auskunftspflichtigen Mutter geht, für die der Beklagte lediglich als deren Erbe einzustehen hat. Den Anträgen der Klägerin im Schriftsatz vom 15.11.2010, dem Beklagten in diesem Zusammenhang die Vorlage bestimmter Unterlagen aufzugeben, kann schon aus diesen Gründen nicht nachgekommen werden.

2. Ein Anspruch auf die übrigen von der Klägerin verlangten Auskünfte besteht nicht.

a) Die übrigen mit dem Klageantrag zu a) verlangten Auskünfte betreffen ebenfalls den Pflichtteilsanspruch nach dem Vater. Im Gegensatz zu dem unter Ziffer 1. festgestellten Schadensersatzanspruch mit dem damit verbundenem Auskunftsanspruch ist der (primäre) Pflichtteilsanspruch nach dem Vater gemäß § 2332 BGB a.F., der hier gemäß Art. 229 § 23 Abs. 4 Satz 1 EGBGB maßgeblich ist, bereits verjährt. Der Auskunftsanspruch gemäß § 2314 BGB verjährt zwar nach dem maßgeblichen alten Recht in dreißig Jahren, allerdings besteht mit Verjährung des Pflichtteilsanspruchs kein objektives Informationsbedürfnis mehr (BGH, NJW 1985, 384). Die Berufung auf die Verjährung ist auch nicht rechtsmissbräuchlich. Denn außerhalb der beiden spanischen Konten, die die Mutter pflichtwidrig nicht angab und die deshalb den Auskunftsanspruch wie unter Ziff. 1 beschreiben begründen, besteht seitens der Klägerin nur die Vermutung, dass auch die Angabe weiterer Vermögensgegenstände unterblieben sein könnte. Auf eine solche Vermutung lässt sich die Einrede rechtsmissbräuchlichen Verhaltens nicht stützen. Dem Vorwurf des Rechtsmissbrauchs, der der Verjährung nur in engen Ausnahmefällen entgegensteht, müsste sich die Klägerin außerdem entgegenhalten lassen, dass sie 1998 von ihrer Mutter nicht die eidesstattliche Versicherung der Auskünfte verlangte, obwohl sie aus ihrer Sicht schon damals Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit des Nachlassverzeichnisses haben musste.

Schließlich wird hinsichtlich der Nichtangabe der spanischen Konten zwar fahrlässiges Verhalten der auskunftspflichtigen Mutter vermutet, für rechtsmissbräuchliches Verhalten bestehen jedoch keine ausreichenden Anhaltspunkte.

Da die Klägerin abgesehen von den spanischen Konten falsche oder unvollständige Auskünfte der Mutter betreffend den Nachlass des Vaters nicht nachweisen kann, sondern insofern lediglich Vermutungen äußert, stehen ihr hinsichtlich des Pflichtteils nach dem Vater keine weitergehenden Auskunftsansprüche zu. Die Auffassung der Klägerin, die Pflichtverletzung hinsichtlich der spanischen Konten begründe einen Anspruch auf eine komplett neue Auskunft über den Nachlass des Vaters insgesamt, findet im Recht keine Stütze.

b) Auch der Klageantrag zu f) betrifft den Pflichtteil nach dem Vater. Er ist auch unabhängig von der begründeten Einrede der Verjährung hinsichtlich der ersten Frage schon deshalb unbegründet, weil ein Anspruch auf Auskunft über Beweggründe für falsche Auskünfte nicht besteht. Hinsichtlich der zweiten Frage besteht schon deshalb kein Auskunftsanspruch, weil der Klägerin durch die Nachlassverzeichnisse vom 10.01. und 11.11.1998 Auskunft erteilt wurde, das Nachlassverzeichnis vom 03.12.1997 gegenüber dem Amtsgericht Freising hingegen nicht der Auskunft gegenüber der Klägerin diente und damit auch unerheblich ist, wer dieses unterschrieben hat.

c) Die Klageanträge zu e) und g) bis k) betreffen den Pflichtteil nach der Mutter.

Diesbezüglich hat die Klägerin als Pflichtteilsberechtigte gegen den Beklagten grundsätzlich einen Anspruch gemäß § 2314 Abs. 1 BGB über den Bestand des Nachlasses durch Vorlage eines Nachlassverzeichnisses mit allen Aktiv- und Passivwerten. Dabei muss auch Auskunft über den fiktiven Nachlassbestand gegeben werden, also über Schenkungen innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall (vgl. § 2325 Abs. 3 BGB) sowie ohne zeitliche Begrenzung über die ausgleichspflichtigen Zuwendungen des Erblassers (§ 2316 i.V.m. § 2057 BGB; Palandt, BGB, 69. Auflage 2010, § 2314 Rn. 9 und § 2057 Rn. 1). Anders als dem Erben steht dem Pflichtteilsberechtigten ein Anspruch auf Auskunft über den Verbleib von Gegenständen gegenüber Hausgenossen des Erblassers hingegen nicht zu, vgl. § 2028 BGB.

Auf die klägerische Aufforderung vom 05.08.2009, Auskunft über den Bestand des Nachlasses der Mutter zu erteilen einschließlich aller von der Mutter vorgenommenen Schenkungen an Dritte in der Zeit vom 25.06.1998 bis 25.06.2008 und aller vorgenommenen ausgleichspflichtigen Zuwendungen bis zum 25.06.2008 (Anlage K 12), hat der Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 27.08.2009 (Anlage K 13) ein Nachlassverzeichnis übersandt sowie mitgeteilt, dass Schenkungen der Erblasserin an Dritte in der angegebenen Zeit ebenso wenig bekannt seien wie ausgleichspflichtige Zuwendungen. Damit hat er seine Auskunftspflicht erfüllt. Den Anträgen der Klägerin liegt die Vermutung zugrunde, dass die erteilte Auskunft falsch und unvollständig ist. Dies begründet jedoch allenfalls einen Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in der zweiten Stufe (vgl. erstinstanzlicher Klageantrag Ziff. I.2., § 260 Abs. 2 BGB), nicht aber einen Anspruch auf ergänzende oder berichtigende Auskunft in erster Stufe. Die Erfüllung des Auskunftsanspruch hängt nicht von der inhaltlichen Richtigkeit der Auskunft ab (Münchener Kommentar, BGB, 5. Auflage 2007, § 260 Rn. 43). Anspruch auf ergänzende Auskunft besteht nur, wenn die Auskunft wegen Rechtsirrtums unvollständig oder sonst offensichtlich unvollständig ist, weil in sachlicher oder zeitlicher Hinsicht über Teile des Auskunftsgegenstandes überhaupt keine Auskunft erteilt wurde, so z.B., wenn ein bestimmter Teil des Nachlasses ganz ausgelassen wird (Palandt aaO., § 2314 Rn. 8, 11; § 260 Rn. 16; Staudinger, BGB – Neubearbeitung 2006, § 2314 Rn. 42, Münchener Kommentar zum BGB aaO., § 260 Rn. 44). Der Beklagte hat aber nicht die Auskunft über einen Teil des Nachlasses, etwa über den sog. fiktiven Nachlassbestand, ausgelassen, sondern angegeben, dass ihm über Zuwendungen und Schenkungen nichts bekannt ist. Damit ist der Auskunftsanspruch erfüllt.

Die Klageanträge zu e), g) und h) auf Auskunft über den Verbleib der 146.000,- EUR, des Schmucks und der Einrichtungsgegenstände sind demnach schon deshalb unbegründet, weil der Klägerin als Pflichtteilsberechtigter der Anspruch aus § 2028 BGB nicht zusteht. Soweit die Klägerin mit diesen Anträgen die Richtigkeit des Nachlassverzeichnisses bzw. der Auskunft über Schenkungen und Zuwendungen anzweifelt, ist sie auf die zweite Stufe (eidesstattliche Versicherung) ihrer Klage zu verweisen, über die erstinstanzlich noch nicht entschieden ist.

Die Klageanträge zu i) und k) beziehen sich auf Schenkungen an Familienangehörige.

Es trifft zwar zu, dass, soweit es sich um Zuwendungen an den Beklagten oder dessen Kinder handelt, diese ohne zeitliche Beschränkung auf den Zehn-Jahres-Zeitraum des § 2325 Abs. 3 BGB anzugeben sind, sofern hinsichtlich der Kinder des Beklagten die Ausgleichung angeordnet wurde (§§ 2316, 2053 Abs. 1 BGB) oder hinsichtlich des Beklagten die Voraussetzungen des § 2050 i.V.m. § 2316 erfüllt sind. Der Beklagte hatte aber bereits mit Schreiben vom 27.08.2009 (Anlage K 13) erklärt, dass ihm auch ausgleichspflichtige Zuwendungen nicht bekannt sind und dies nicht nur auf die letzten zehn Jahre vor dem Tod der Mutter beschränkt. Denn sein Schreiben war die Antwort auf das Schreiben vom 05.08.2009, in dem allgemein nach ausgleichspflichtigen Zuwendungen bis zum 25.06.2008 gefragt worden war.

Ein Auskunftsanspruch über Reisen ins Ausland zum Zwecke der Vermögensverwaltung (Klageantrag zu i) besteht nicht. Es trifft zwar zu, dass der nach § 2314 BGB zur Auskunft Verpflichtete sich das notwendige Wissen verschaffen muss, um über den Bestand des Nachlasses richtig und vollständig Auskunft geben zu können. Bestehen – beispielsweise aufgrund früherer Reisen – Anhaltspunkte dafür, dass Vermögen im Ausland angelegt ist, muss er entsprechende Recherchen veranlassen. Auskunft hat er allerdings nur über das Ergebnis seiner Recherchen durch Vorlage des Nachlassverzeichnisses zu erteilen. Im Ergebnis geht es auch bei diesem Klageantrag darum, dass die Klägerin bezweifelt, dass die Nachlassverzeichnisse im Hinblick auf etwaiges Auslandsvermögen richtig sind. Ebenso wenig, wie sie insoweit Ergänzung oder Berichtigung der Auskunft verlangen kann, kann sie sich durch “Begleitfragen” über Auslandsreisen an den Wahrheitsgehalt der Auskunft herantasten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Der Umfang des teilweisen Obsiegens der Klägerin hinsichtlich des Klageantrags zu a) im Verhältnis zum Streitwert muss geschätzt werden, da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, wie hoch das Guthaben auf den beiden spanischen Konten zum Stichtag 21.06.1997 war. Der diesbezügliche Auskunftsanspruch wird mit 5 % des Gesamtstreitwertes (vgl. dazu Beschluss vom 23.08.2010) angesetzt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen dafür liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichtes, zumal abweichende obergerichtliche Rechtsprechung zu den hier inmitten stehenden Rechtsfragen nicht ersichtlich ist.