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Die Übertragung von Anteilen unter Miterben zur Erbauseinandersetzung BFH, Urteil vom 13.12.1990 – Az. IV R 107/89

Leitsätzliches:

Hinterlassene Mitunternehmeranteile eines verstorbenen Gesellschafters, welche gesondert auf die Erben übergegangen sind, können als Teil der Erbauseinandersetzung abweichend aufgeteilt werden. In diesem konkreten Fall führen Ausgleichszahlungen an weichende Miterben zu Anschaffungskosten. 

Bundesfinanzhof

Datum: 13.12.1990

Gericht: BFH

Spruchkörper: IV R

Entscheidungsart: Urteil

Aktenzeichen: IV R 107/89

Tatbestand:

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Miterbe nach dem am 23. Juli 1977 verstorbenen Gesellschafter A; weitere Miterben waren seine Schwester und sein Bruder. Sein Bruder ist am 13. November 1977 verstorben und von seiner Ehefrau und seinen Kindern beerbt worden.

A war persönlich haftender Gesellschafter einer KG; sein Anteil am Gesellschaftskapital betrug 30 v. H. Im Gesellschaftsvertrag war vorgesehen, daß die Gesellschaft beim Tode eines Gesellschafters nicht aufgelöst, sondern mit den Erben fortgesetzt wird. Nach dem Tode des Erblassers war der Kläger entsprechend seinem Erbteil mit 10 v. H. am Gesellschaftskapital beteiligt. Im Wege der Erbauseinandersetzung erhielt der Kläger weitere 2,5 v. H. der Gesellschaftsanteile von seinen Miterben übertragen; die Erben folgten damit einer Teilungsanordnung des Erblassers.

Mit Vertrag vom 22. Dezember 1977 veräußerte der Kläger seinen Erbteil an die KG. Im Vertrag wird ausgeführt, daß der Nachlaß nur noch aus dem Gesellschaftsanteil des A bestehe, da sich die Miterben hinsichtlich der übrigen Nachlaßgegenstände auseinandergesetzt hätten. Später kamen die Beteiligten überein, daß die Veräußerung mit dem 2. Januar 1978 wirksam sein solle. In der Gewinnfeststellungserklärung der KG für 1978 wurde für den Kläger ein Veräußerungsgewinn von … ausgewiesen; er wurde vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt – FA -) festgestellt.

Mit der Klage machte der Kläger geltend, daß er nicht Mitunternehmer der KG geworden sei; die Veräußerung sei noch Teil der Erbauseinandersetzung und führe nicht zu einem Veräußerungsgewinn.

Das Gericht lud die KG und ihre übrigen Gesellschafter zum Verfahren bei und wies danach die Klage ab, weil der Kläger aus der Gesellschaft ausgeschieden sei und damit seinen Mitunternehmeranteil an die Mitgesellschafter veräußert habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Finanzgericht (FG) zugelassene Revision des Klägers, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.

Gründe:

Auf die Revision des Klägers muß das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen werden.

1. Zu Recht hat das FG angenommen, daß durch den Vertrag vom 22. Dezember 1977 das Ausscheiden des Klägers aus der KG vereinbart und die Höhe der von der Gesellschaft geschuldeten Abfindung festgelegt worden ist.

Nach dem Inhalt der Vereinbarung sollte allerdings der Erbteil des Klägers, der nach der Vorstellung der Beteiligten nur noch die Gesellschaftsbeteiligung des Klägers umfaßte, an die KG verkauft sein. Tatsächlich bestand ein derartiger Erbteil jedoch nicht mehr. Zuvor hatte nämlich die Erbengemeinschaft ihr Ende gefunden, nachdem sich die Erben hinsichtlich des Nachlaßvermögens auseinandergesetzt hatten. Dies ist vom FG festgestellt worden und kommt auch im Wortlaut des Vertrages vom 22. Dezember 1977 zum Ausdruck; hierin wird ausgeführt, daß der Erbteil des Klägers nur noch seine Gesellschaftsbeteiligung umfasse. Da der Erbteil aber den Anteil des Miterben am gemeinschaftlichen Nachlaß repräsentiert (§ 1922 Abs. 2, § 2032 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB -), geht er mit der Auflösung des Gemeinschaftsvermögens unter; nach der Auseinandersetzung kann ein Erbteil nicht mehr übertragen werden (Entscheidung des Reichsgerichts vom 15. Dezember 1931 VII 216/31, RGZ 134, 296).

Der genannte Vertrag hatte danach nur die Übertragung des Gesellschaftsanteils des Klägers zum Inhalt. Er konnte als Kaufvertrag zwischen dem Kläger und der KG allerdings keinen Erfolg haben, weil eine Personengesellschaft nicht ihr eigener Gesellschafter sein kann (Baumbach / Duden / Hopt, Handelsgesetzbuch, 28. Aufl., § 105 Anm. 1 E). Die Vereinbarung läßt sich jedoch dahin umdeuten, daß der Kläger aus der KG ausscheiden und den vereinbarten Kaufpreis als Abfindung erhalten sollte. Für die verbleibenden Gesellschafter stellte sich dabei dasselbe Ergebnis wie bei einem Beteiligungserwerb durch die Gesellschaft ein; der Anteil des Ausscheidenden am Gesellschaftsvermögen wuchs ihnen im Verhältnis ihrer Beteiligungen an (§ 738 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Die Ausscheidensvereinbarung bedurfte allerdings der Mitwirkung sämtlicher Gesellschafter. Ausweislich der vom FG in Bezug genommenen Niederschrift waren an der Vereinbarung alle Gesellschafter der KG bis auf den Gesellschafter B beteiligt. Dieser Gesellschafter hat aber den vom FG ebenfalls in Bezug genommenen Beschluß vom 16. Dezember 1978 mitgetragen, in dem die Beteiligungsverhältnisse der Gesellschafter festgestellt wurden; hierin liegt sein Einverständnis mit dem Ausscheiden des Klägers aus der Gesellschaft.

2. Aus der durch sein Ausscheiden bewirkten Übertragung des Mitunternehmeranteils ist dem Kläger auch ein Veräußerungsgewinn i. S. von § 16 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entstanden.

Der Kläger kann nicht in Abrede stellen, als Gesellschafter auch Mitunternehmer der KG gewesen zu sein. In der bisherigen Rechtsprechung zu den einkommensteuerlichen Folgen des Erbfalls und der Erbauseinandersetzung ist allerdings angenommen worden, daß ein in die Auseinandersetzung einbezogener Gesellschaftsanteil mit dem Erbfall unentgeltlich auf den fortführenden Erben übergegangen sei (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 7. Februar 1980 IV R 178/76, BFHE 130, 42, BStBl II 1980, 383). Hierauf kann sich der Kläger aber nicht berufen, weil die Erbauseinandersetzung bereits vor der Veräußerung des Mitunternehmeranteils abgeschlossen war und der Kläger damit schon aufgrund der bisherigen Rechtsprechung seit dem Erbfall als Inhaber des veräußerten Mitunternehmeranteils und als Mitunternehmer der KG anzusehen war. Die Vereinbarung über das Ausscheiden aus der KG war nicht mehr Teil der Auseinandersetzung unter den Erben nach A; an ihr waren zudem auch Gesellschafter beteiligt, die nicht zum Kreis der Miterben zählten.

3. Das FA hat den Veräußerungsgewinn durch Vergleich des “Kaufpreises” mit dem Kapitalkonto des Klägers in der KG ermittelt. Dies ist nicht zu beanstanden, soweit der Kläger den veräußerten Mitunternehmeranteil in Höhe von 10 v. H. des Gesellschaftskapitals als Miterbe nach A erlangt hat. Jedoch hat er von Miterben noch einen Anteil in Höhe von 2,5 v. H. des Gesellschaftskapitals hinzuerworben; insoweit können ihm Anschaffungskosten erwachsen sein, die den Veräußerungsgewinn mindern.

a) Der Große Senat des BFH hat in seinem Beschluß vom 5. Juli 1990 GrS 2/89 (BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837) ausgeführt, daß die Verteilung von Nachlaßvermögen unter den Miterben nicht zu Anschaffungskosten und einem Veräußerungsgewinn führt, daß dies aber hinsichtlich gewährter Ausgleichszahlungen der Fall ist. Hiervon ist auch auszugehen, wenn vormals dem Erblasser zustehende Mitunternehmeranteile in die Erbauseinandersetzung einbezogen werden.

b) Die Beteiligung an einer Personengesellschaft ist Teil des dem Erblasser zustehenden Vermögens und gehört deswegen zum Nachlaß. Da eine Miterbengemeinschaft jedoch nicht Mitglied einer werbenden Personengesellschaft sein kann, geht die Beteiligung geteilt im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf die Erben über. Dies folgt für die Kommanditbeteiligung aus § 177 des Handelsgesetzbuches (HGB), bedarf sonst aber der Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag (Entscheidungen des Bundesgerichtshofs – BGH – vom 3. Juli 1989 II ZB 1/89, BGHZ 108, 187; vom 14. Mai 1986 IVa ZR 155/84, BGHZ 98, 48, 51; vom 30. April 1984 II ZR 293/83, BGHZ 91, 132; vom 4. Mai 1983 IVa ZR 229/81, Neue Juristische Wochenschrift – NJW – 1983, 2376, Der Betrieb – DB – 1983, 1700; vom 10. Februar 1977 II ZR 120/75, BGHZ 68, 225; vom 22. November 1956 II ZR 222/55, BGHZ 22, 186; BFH-Entscheidung vom 10. November 1982 II R 85 – 86/78, BFHE 137, 500, BStBl II 1983, 329).

Durch die Ausgliederung verlieren die (geteilten) Beteiligungen aber nicht jede Beziehung zum Nachlaß. Während nach Meinung des Gesellschaftsrechtssenats des BGH die aus ihnen abzuleitenden übertragbaren Vermögensrechte Gesamthandsvermögen der Miterben werden (BGHZ 91, 132), geht der Erbrechtssenat davon aus, daß die (geteilten) Beteiligungen trotz der Rechtszuständigkeit der Nachfolger-Erben im ganzen zum Nachlaß gehören (BGH in NJW 1983, 2376; BGHZ 98, 48). Nach dieser Auffassung müssen die Gesellschaftsanteile als Nachlaßgegenstände auch in die Erbauseinandersetzung einbezogen und als Vorabempfang berücksichtigt werden; auch der Gesellschaftsrechtssenat geht davon aus, daß sich die Ansprüche der Miterben untereinander nach dem Wert ihrer Erbquote, d. h. ihrem Anteil am Gesamtnachlaß einschließlich der ausgegliederten Gesellschaftsanteile richten (BGHZ 68, 225). Den Miterben bleibt es unbenommen, die ihnen zugefallenen Gesellschaftsanteile abweichend aufzuteilen; im Streitfall sind sie hierzu durch eine Teilungsanordnung des Erblassers (§ 2048 BGB) verpflichtet worden.

c) Hieraus folgt auch in steuerrechtlicher Betrachtung, daß der Kläger den ihm zusätzlich eingeräumten Gesellschaftsanteil von 2,5 v. H. im Wege der Erbauseinandersetzung erlangt hat. Sind die übertragenden Miterben durch Nachlaßgegenstände entschädigt worden, auf die der Kläger Verzicht leistete, sind dem Kläger nach den Grundsätzen des BFH-Beschlusses vom 5. Juli 1990 (a. a. O.) keine Anschaffungskosten entstanden. Dies gilt ungeachtet des Umstands, daß die Beteiligung – vorbehaltlich ggf. ihrer übertragbaren Vermögensrechte – nicht zum Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft gehörte; denn im Innenverhältnis mußten die Miterben auch die Beteiligung als gemeinschaftliches Vermögen behandeln. Hatte der Kläger jedoch eine Ausgleichszahlung aus eigenem Vermögen zu erbringen, können vorliegend darin Anschaffungskosten des Klägers für die zusätzliche Beteiligung und ein Veräußerungserlös der weichenden Miterben gesehen werden, die nach den Grundsätzen des BFH-Beschlusses vom 5. Juli 1990 seit dem Erbfall Mitunternehmer der KG waren. Nicht ausgeschlossen ist schließlich, daß der Kläger in Zusammenhang mit der Übertragung überhaupt keine Leistung zu erbringen brauchte, die Beteiligten also die Teilungsanordnung als Vorausvermächtnis angesehen haben (§ 2150 BGB). In diesem Falle wären dem Kläger keine Anschaffungskosten entstanden; er hätte die Buchwerte seines Vorgängers fortzusetzen (§ 7 Abs. 1 der

Einkommensteuer-Durchführungsverordnung).

Das FG wird diese Frage noch aufzuklären haben.