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Die Beendigung der Testamentsvollstreckertätigkeit – OLG Bayern, Beschluss vom 29.06.1995 – Az. 1Z BR 158/94

Leitsätzliches:

1) Das Amt des Testamentsvollstreckers erlischt von selbst, sobald die ihm zugewiesenen Aufgaben erledigt sind.
2) Ein Entlassungsverfahren ist nach Beendigung des Testamentsvollstreckeramtes in der Hauptsache erledigt.
3) Richtet sich eine Beschwerde gegen eine in der Hauptsache bereits erledigte Entscheidung, ist diese als unzulässig zu verwerfen.

Oberlandesgericht Bayern

Datum: 29.06.1995

Gericht: OLG Bayern

Spruchkörper: 1Z BR

Entscheidungsart: Beschluss

Aktenzeichen: 1Z BR 158/94

Gründe:

I. Die verwitwete und kinderlose Erblasserin ist am 7.7.1989 im Alter von 69 Jahren verstorben. Ihr Nachlaß besteht im wesentlichen aus einem unbelasteten Einfamilienhaus sowie aus Bankguthaben, Schmuck und Teppichen. Der Wert des Reinnachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls belief sich nach den Feststellungen des Landgerichts auf rund 840.000 DM.

Die Erblasserin hat am 15.3.1973 ein privatschriftliches Testament errichtet, in dem sie die Beteiligten zu 1 und 2 als Erben zu gleichen Teilen einsetzte. Dem Beteiligten zu 2.wurde zur Auflage gemacht, die fünf Haustiere der Erblasserin zu pflegen. Die Bestattungs- und Grabpflegekosten sowie die Grabstättengebühren seien für einen Zeitraum von fünfzehn Jahren von den Erben zu bezahlen. Das zum Nachlaß gehörende Anwesen sei zu vermieten; aus den Mietzinserträgen sei ein Grundpfandrecht zu “tilgen”. Außerdem hat die Erblasserin wie folgt verfügt.

Testamentsvollstreckung wird angeordnet. Zum Testamentsvollstrecker bestimme ich Herrn Rechtsanwalt.. (Beteiligter zu 3).. Er hat die Aufgabe, die Auseinandersetzung unter den Miterben zu bewirken und für die Erfüllung der Vermächtnisse und Auflagen zu bewirken und die bestehenden Verbindlichkeiten zu tilgen, so daß das Amt erst endet, wenn auch sämtliche Grundpfandrechte bzw. die diesen zugrunde liegenden Darlehen zurückgezahlt sind.

Der Beteiligte zu 3 erklärte gegenüber dem Nachlaßgericht, er nehme das Amt an, worauf am 23.8.1989 das beantragte Testamentsvollstreckerzeugnis bewilligt wurde. Außerdem bewilligte das Nachlaßgericht am 13.11.1989 einen gemeinschaftlichen Erbschein, demzufolge die Erblasserin von den Beteiligten zu 1 und 2 je zur Hälfte beerbt worden und Testamentsvollstreckung angeordnet sei.

Nachdem es etwa im Frühjahr 1990 zu Meinungsverschiedenheiten und Unstimmigkeiten zwischen dem Testamentsvollstrecker und dem Erben gekommen war, beantragte der Beteiligte zu 1 mit Schreiben vom 8.2.1991, den Beteiligten zu 3 zu “entpflichten”. Diesem Antrag schloß sich der Beteiligte zu 2 mit Schreiben vom 11.2.1991 an. Mit Beschluß vom 5.9.1991 lehnte das Nachlaßgericht den Antrag ab, den Testamentsvollstrecker zu entlassen. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus, daß weder eine grobe Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers noch dessen Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung ersichtlich sei. Gegen diese Entscheidung.legte der Beteiligte zu 1 mit Schreiben vom 12.9.1991 Beschwerde ein. Im Verlauf des Beschwerdeverfahrens beantragte der

Beteiligte zu 2 mit einem an das Nachlaßgericht adressierten Schreiben vom 14.12.1992, den Testamentsvollstrecker zu entlassen. Mit Schriftsatz vom 5.2.1993 “wiederholte” der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1 und 2 “für die Antragsteller und Beschwerdeführer” den Antrag, den Beteiligten zu 3 als Testamentsvollstrecker zu entlassen. Das Landgericht wies am 5.5.1993 die Beschwerden gegen den Beschluß vom 5.9.1991 zurück und ordnete an, daß die Beteiligten zu 1 und 2 die dem Beteiligten zu 3 im Beschwerdeverfahren erwachsenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten haben. Den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens setzte es auf 100.000 DM fest (Nr. III). Die Zurückweisung der Beschwerden hat das Landgericht im wesentlichen damit begründet, daß ein wichtiger Grund im Sinn des § 2227 Abs. 1 BGB nicht vorliege.

Gegen diese Entscheidung richten sich die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 vom 13.9.1994, mit denen sie zunächst beantragt haben, den Beschluß des Landgerichts aufzuheben und den Beteiligten zu 3 als Testamentsvollstrecker zu entlassen. Der Beteiligte zu 3 beantragte, die Rechtsmittel zurückzuweisen.

Bereits am 10.12.1991 hatten die Beteiligten zu 1 und 2 beim Landgericht München I eine Klage eingereicht, mit der sie unter anderem beantragt hatten, den Beteiligten zu 3 zu verurteilen, einen zwischen ihnen geschlossenen Auseinandersetzungsvertrag zu genehmigen. Mit Urteil vom 2.3.1993 hatte das Landgericht den Beteiligten zu 3 verurteilt, verschiedene Teppiche und Schmuckstücke herauszugeben. Im übrigen wurde die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Beteiligten zu 1 und 2 hatte das Oberlandesgericht durch rechtskräftiges Urteil vom 20.7.1994 (Az.: 15 U 3348/93 ) den Beteiligten zu 3 verurteilt, an die Kläger (die Beteiligten zu 1 und 2) 38.000 DM zu bezahlen sowie Auskunft “über den Gesamtstand an von ihm übernommenen Unterlagen des Nachlasses.. ” zu erteilen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der Beklagte an die Kläger ein auf dem Nachlaßkonto befindliches Guthaben von 38.000 DM herausgeben müsse, denn sein Amt sei wegen Erledigung der dem Testamentsvollstrecker zugewiesenen Aufgaben beendet. Es handle sich nicht um eine Dauervollstreckung. Die Auseinandersetzung zwischen den Miterben bezüglich des Grundstücks sei mit Abschluß des notariellen Vertrages vom 18.5.1990, mit dem der Beteiligte zu 2 das Grundstück gegen eine Ausgleichszahlung an den Beteiligten zu 1 übernommen hatte, bewirkt gewesen. Eine Auseinandersetzung hinsichtlich des beweglichen Nachlasses sei schon vor Klageerhebung nicht mehr veranlaßt gewesen. Auch die von der Erblasserin erteilte Auflage, ihre Haustiere zu pflegen, sei erfüllt. Entsprechendes gelte für die Pflege des Grabes der Erblasserin, die durch einen Vertrag mit einer Gärtnerei geregelt worden sei.

Auf einen Hinweis des Gerichts erklärten die Beteiligten zu 1 und 2 “die weitere Beschwerde für erledigt”. Das erledigende Ereignis liege in der Erklärung des Beteiligten zu 3 vom 19.12.1994, er habe sein Amt beendet. Hierauf erwiderte der Beteiligte zu 3, für eine Erledigung der Hauptsache sei kein Raum, denn aufgrund des Urteils des Oberlandesgerichts sei davon auszugehen, daß das Testamentsvollstreckeramt schon vor Einreichung der Klage beendet gewesen sei. Die weitere Beschwerde sei daher als unzulässig zu verwerfen.

II. Die zulässigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 können schon deshalb keinen Erfolg haben, weil ihre Erstbeschwerden – was vom Gericht der weiteren Beschwerde von Amts.wegen zu prüfen ist (vgl. BayObLGZ 1979, 142/15 0 m.w.Nachw.; Keidel/Kuntze FGG 13. Aufl. § 27 Rn. 15) – nicht zulässig waren. Das Entlassungsverfahren hatte sich vor Einlegung der Beschwerden in der Hauptsache erledigt.

1. Das Amt des Testamentsvollstreckers endet von selbst mit der Ausführung der Aufgaben, die ihm der Erblasser zugewiesen hat, ohne daß es einer Aufhebung der Testamentsvollstreckung oder einer Entlassung des Testamentsvollstreckers bedarf (BGHZ 41, 23 ./25; BayObLGZ 1953, 357/36 2; 1976, 67/71 ; 1988, 42/45 f.). Für eine Entlassung des Testamentsvollstreckers (§ 2227 Abs. 1 BGB) aus dem bereits beendeten Amt ist kein Raum (BayObLG aaO.). Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob der Senat als Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit an die tragenden Gründe des Urteils des Oberlandesgerichts München vom 20.7.1994, das von einer Beendigung des Testamentsvollstreckeramts schon vor Einreichung der Klage im Zivilprozeß (10.12.1991) ausgeht, gebunden ist (vgl. dazu BayObLGZ 1987, 325/32 9 ff.), denn der Senat ist – mit dem Oberlandesgericht – der Meinung, daß die dem Beteiligten zu 3 nach dem Testament der Erblasserin obliegenden Aufgaben spätestens Ende August 1991 ausgeführt waren.

a) Bei der von der Erblasserin angeordneten Testamentsvollstreckung handelt es sich um eine sogenannte Abwicklungsvollstreckung (§§ 2203, 2204 BGB), den Regelfall der Testamentsvollstreckung (vgl. Haegele/Winkler Der Testamentsvollstrekker 12. Aufl. Rn. 120; Bengel/Reimann Handbuch der.Testamentsvollstreckung 1. Kap. Rn. 61). Dem Beteiligten zu 3 oblag die Ausführung der letztwilligen Verfügungen der Erblasserin (§ 2203 BGB), insbesondere die Erfüllung und Sicherstellung der angeordneten Auflagen (vgl. Palandt/Edenhofer BGB 54. Aufl. § 2203 Rn. 3) sowie die Bewirkung der Auseinandersetzung unter den beiden Miterben (§ 2204 Abs. 1 BGB). Vermächtnisse waren hingegen nicht zu erfüllen, weil die im Testament vom 15.3.1973 getroffenen Verfügungen gemäß einem weiteren privatschriftlichen Testament der Erblasserin vom 18.7.1985 “entfallen” sind. Entgegen der Meinung des Landgerichts handelt es sich auch hinsichtlich des Grundstücks nicht um eine Dauervollstreckung im Sinn von § 2209 S. 1 BGB. Die Anordnung der Erblasserin, die Testamentsvollstreckung ende erst, wenn sämtliche Grundpfandrechte und die diesen “zugrundeliegenden” Darlehen zurückbezahlt sind, beruht ersichtlich darauf, daß das ihr gehörende Anwesen im Zeitpunkt der Testamentserrichtung belastet war. Im Zeitpunkt des Erbfalls war dies aber, wie der Grundbuchauszug zeigt, nicht der Fall. Insoweit bestand daher kein Anlaß für eine Tätigkeit des Testamentsvollstreckers. Nichts anderes gilt für die Anordnung, das Anwesen zu vermieten, denn dies sollte erklärtermaßen dazu dienen, aus den Mieteinnahmen die Grundpfandrechte zu “tilgen”. Spätestens mit der Übernahme des Anwesens.durch einen der Miterben war daher eine Tätigkeit des Testamentsvollstreckers in bezug auf das Anwesen nicht mehr veranlaßt.

b) Die Erbauseinandersetzung ist bewirkt.

aa) Die Erben haben am 18.5.1990 einen notariellen Teilerbauseinandersetzungsvertrag geschlossen, wonach das Eigentum an dem Grundstück auf den Beteiligten zu 2 übergehen und dieser dem Beteiligten zu 1 einen Betrag von 475.000 DM zahlen sollte. Diesen Vertrag hat mit gewissen Einschränkungen der Beteiligte zu 3 als Testamentsvollstrecker zu notarieller Urkunde vom 5.7.1991 “genehmigt”. Damit ist es zu einem Auseinandersetzungsvertrag zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker (vgl. Bengel/Reimann 4. Kap. Rn. 190; Haegele/Winkler Rn. 518) gekommen, der an die Stelle eines Auseinandersetzungsplans (§ 2204 Abs. 2 BGB) getreten ist (Bengel/Reimann aaO. Rn. 259). Mit diesem war der Nachlaß hinsichtlich des Grundstücks auseinandergesetzt, auch wenn der Eigentumsübergang erst am 19.10.1992 im Grundbuch eingetragen wurde. Daß die Erben der vom Beteiligten zu 3 verlangten Entlastung nicht zugestimmt haben, ist insoweit ohne Bedeutung, weil der Testamentsvollstrecker keinen Anspruch auf Entlastung hat (Haegele/Winkler Rn. 484 und 554).

bb) Hinsichtlich des beweglichen Nachlasses haben die Erben am 20.8.1991 einen Auseinandersetzungsvertrag geschlossen, demzufolge die “bewegliche Habe” Gesamthandseigentum bleiben sollte. Damit haben sie insoweit eine Auseinandersetzung ausgeschlossen. Diese Vereinbarung war für den Testamentsvollstrecker verbindlich, so daß er insoweit sein Amt als erledigt zu betrachten hatte (vgl. Staudinger/Reimann BGB 12. Aufl. §.2204 Rn. 5; Haegele/Winkler Rn. 542). Daß die Auszahlung des auf dem Nachlaßkonto befindlichen Guthabens von rund 38.000 DM erst nach Erlaß des Berufungsurteils erfolgt ist, steht der Annahme, der Nachlaß sei mit dem Vertrag vom 20.8.1991 auch hinsichtlich des Geldvermögens auseinandergesetzt, nicht entgegen, denn zur Herausgabe des Nachlasses ist der Testamentsvollstrecker erst nach Beendigung des Amts verpflichtet (§ 2218 Abs. 1, § 667 BGB; vgl. Haegele/Winkler Rn. 515).

c) Auch die von der Erblasserin angeordneten Auflagen sind erfüllt.

aa) Die Versorgung der Haustiere, insbesondere der Hunde, der Erblasserin ist durch Vertrag zwischen den Erben vom 20.8.1991 geregelt worden.

bb) Wegen der Grabpflege haben die Erben durch Vertrag vom 20.8.1991 vereinbart, einen Vertrag mit einer Gärtnerei abzuschließen und die anfallenden Kosten zu teilen. Einen “Betreuungsvertrag” mit der Landeshauptstadt hatte der Beteiligte zu 3 bereits am 8.5.1990 abgeschlossen.

2. Mit der Bewirkung der Auseinandersetzung und der Erfüllung der Aufgaben war das Amt des Testamentsvollstreckers beendet, wodurch sich das Entlassungsverfahren bereits am 20.8.1991 in der Hauptsache erledigt hatte. Dies ist von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. BayObLGZ 1992, 54/57 m.w.Nachw.; Keidel/Kahl § 19 Rn. 90, Bassenge/Herbst FGG/RPflG 6. Aufl. Einl. FGG VI 4b). Da der Zeitpunkt der Erledigung vor Einlegung der Beschwerde am 16.9.1991 (Schreiben des Beteiligten zu 1 vom 12.9.1991) liegt, waren die Rechtsmittel unzulässig (Keidel/Zimmermann § 13a Rn. 46; Bassenge/Herbst Einl. FGG VI 4 f aa), auch wenn die Erledigung vor dem Erlaß der Entscheidung eingetreten ist (BayObLG WuM 1987, 238/23 9). Das hat zur Folge, daß die weiteren Beschwerden mit der Maßgabe zurückgewiesen werden müssen, daß die Beschwerden gegen die Entscheidung des Nachlaßgerichts verworfen werden (vgl. Keidel/Kuntze Rn. 67, Bassenge/Herbst Anm. III 2 b, jeweils zu § 27 FGG).

3. Wer die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen hat, ergibt sich aus der Kostenordnung, so daß insoweit keine Entscheidung veranlaßt ist. Nach der zwingenden Vorschrift des § 13a Abs. 1 S. 2 FGG haben die Beteiligten zu 1 und 2 die dem Beteiligten zu 3 im Beschwerdeverfahren und im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

4. Bei der Festsetzung des Geschäftswerts für beide Rechtsmittelinstanzen (§ 31 Abs. 1 S. 1, § 131 Abs. 2, § 30 KostO) hält es der Senat für angemessen, den im Entlassungsverfahren gemäß § 113 S. 2, § 30 Abs. 2 S. 1 KostO.maßgebenden Regelwert von 5.000 DM (vgl. BayObLGZ 1969, 163/16 4 m.w.Nachw.; BayObLG bei Plötz Rpfleger 1991, 4 /6; Senatsbeschlüsse vom 30.10.1992 BReg. 1 a Z 44/90 und vom 9.11.1993 1Z BR 111/93 ) zu erhöhen (§ 30 Abs. 2 S. 2 KostO). Im Hinblick darauf, daß das Amt bereits vor Erlaß der Entscheidung des Nachlaßgerichts beendet war, erscheint ein Geschäftswert von 20.000 DM angemessen. Auf diesen Betrag war die Geschäftswertfestsetzung des Landgerichts abzuändern (§ 31 Abs. 1 S. 2 KostO).