Leitsätzliches:
Bundesgerichtshof
Datum: 05.10.2000
Gericht: BGH
Spruchkörper: III ZR
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: III ZR 240/99
Tatbestand:
Die am 26. Juni 1997 verstorbene A. B. war Eigentümerin eines in O. gelegenen Hausgrundstücks. Unter Hinweis auf die Maklereigenschaft des Klägers hatte sie testamentarisch bestimmt, daß dieser nach ihrem Tode das Grundstück veräußern sollte. Am 16. März 1998 stellte das Nachlaßgericht dem Kläger ein Zeugnis über die Ernennung zum Testamentsvollstrecker aus mit dem Zusatz, daß sich die Befugnisse des Testamentsvollstreckers auf die Veräußerung des Grundbesitzes beschränkten.
Nach Schaltung einer Zeitungsanzeige meldete sich die Beklagte als Kaufinteressentin. Bei der Besichtigung des Hausanwesens am 31. März 1998 legitimierte sich der Kläger auf Wunsch des Geschäftsführers der Beklagten als Testamentsvollstrecker. Anschließend unterzeichneten beide jeweils ein vorgedrucktes Formular “Provisionsbestätigung” und “Reservierungsvereinbarung und -bestätigung”, die eine Mitarbeiterin der Beklagten handschriftlich vervollständigt hatte. Darin verpflichtete sich die Beklagte zur Zahlung einer “Maklerprovision” in Höhe von 5 % des Gesamtkaufpreises zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer bzw. zur Zahlung einer Reservierungsgebühr in Höhe von 5.000 DM.
Mit notariellem Vertrag vom 3. April 1998 verkaufte der Kläger das Nachlaßgrundstück in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker der Beklagten zum Preis von 1,1 Mio. DM.
Der Kläger verlangt von der Beklagten entsprechend der in der Provisionsbestätigung getroffenen Abrede Zahlung von 63.250 DM nebst Zinsen. Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der geltend gemachten Zinsen stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Gründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Nach § 652 Abs. 1 BGB steht dem Makler ein Provisionsanspruch nur dann zu, wenn der Vertrag, mit dessen Herbeiführung der Makler beauftragt war, zustande kommt. Dabei setzt eine Maklertätigkeit im Sinne dieser Vorschrift voraus, daß der vom Auftraggeber des Maklers angestrebte Vertrag zwischen dem Auftraggeber und einem Dritten, nicht aber zwischen dem Auftraggeber und dem Makler geschlossen wird (vgl. BGH, Urteil vom 1. April 1992 – IV ZR 154/91 – NJW 1992, 2818, 2819). Ausgehend hiervon kann, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, einem Testamentsvollstrekker, der ein seiner Verwaltungsbefugnis unterliegendes Nachlaßgrundstück veräußert, kein Maklerprovisionsanspruch gegen den Käufer zustehen.
Der Testamentsvollstrecker ist weder Vertreter des Erblassers noch Vertreter der Erben. Er hat die Stellung eines Treuhänders und ist Inhaber eines privaten Amtes (BGHZ 25, 275, 279; BGH, Urteil vom 7. Juli 1982 – IVa ZR 36/81 – NJW 1983, 40 f.). Dieser Rechtslage entsprechend hat der Kläger den notariellen Kaufvertrag vom 3. April 1998 unter Hinweis auf seine Amtsstellung in eigenem Namen abgeschlossen. Angesichts der persönlichen Identität zwischen Makler und Verkäufer ist es rechtlich ausgeschlossen, daß der Kläger von der Beklagten nach § 652 Abs. 1 Satz 1 BGB eine Maklerprovision wegen des Nachweises der Vertragsgelegenheit verlangen kann. Denn bei einer solchen Fallgestaltung sind Makler und Hauptvertragspartner des Auftraggebers nicht zur selbständigen, voneinander unabhängigen Willensbildung fähig.
II.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, von der auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, kann wegen des im Schuldrecht geltenden Grundsatzes der Vertragsfreiheit die Verpflichtung zur Zahlung einer Provision auch unabhängig von dem Vorliegen einer echten Maklerleistung begründet werden (BGHZ 112, 240, 242; Senatsurteil BGHZ 138, 170, 173; BGH, Urteil vom 2. Februar 1977 – IV ZR 84/76 – WM 1977, 415, 416 m. w. N.).
1. Nach Meinung des Berufungsgerichts haben die Parteien eine von den Voraussetzungen des § 652 Abs. 1 BGB unabhängige Provisionsvereinbarung nicht getroffen. Hierzu hat es ausgeführt: Zwar sei dem Geschäftsführer der Beklagten bei Unterzeichnung der Provisionsbestätigung bekannt gewesen, daß der Kläger der Testamentsvollstrecker der verstorbenen Grundstückseigentümerin sei; auch könne unterstellt werden, daß bei der Ortsbesichtigung klargestellt worden sei, daß das Grundstück vom Testamentsvollstrecker selbst verkauft werde. Gleichwohl könne bereits nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht davon ausgegangen werden, daß nach dem Willen der Vertragsparteien ein nicht auf eine Maklertätigkeit des Klägers abstellendes Provisionsversprechen habe abgegeben werden sollen. Dem Klägervorbringen könne nicht entnommen werden, welchen rechtlichen Charakter die Parteien der Provisionsbestätigung sonst hätten beilegen wollen. Um einen verschleierten Teil des Kaufpreises könne es sich schon deshalb nicht handeln, weil dieser nicht dem Kläger zufließen sollte. Anhaltspunkte dafür, in der Provision eine Vergütung für geleistete oder zu erbringende Dienste oder eine Schenkung zu sehen, lägen nicht vor. Vielmehr belegten der Inhalt der Provisionsbestätigung und sogar der eigene Vortrag des Klägers im Prozeß zweifelsfrei, daß dieser eine Provision für seine Tätigkeit als Nachweismakler beanspruchen wolle. So sei vielfach von “Maklerprovision, Maklerlohn oder Maklercourtage” die Rede; auch heiße es in der Provisionsbestätigung unter der Rubrik Auftragsbedingungen ausdrücklich, “der Auftraggeber verpflichtet sich, nachfolgende Maklerprovision für eines oder mehrere der unten aufgeführten, ihm bisher als unbekannt nachgewiesenen Objekte zu bezahlen”.
Auch hätte es, wenn nach dem Willen der Parteien ein von den Voraussetzungen des § 652 Abs. 1 BGB unabhängiges Provisionsversprechen hätte abgegeben werden sollen, nicht – wie geschehen – des Abschlusses einer Reservierungsvereinbarung bedurft. Diese Vereinbarung sei nämlich darauf zugeschnitten gewesen, dem Kläger auch dann eine Vergütung in Höhe von 5.000 DM zu gewähren, wenn es nicht zum Abschluß des Hauptvertrages komme und damit die Voraussetzungen für die Entstehung eines Maklervergütungsanspruches nicht erfüllt würden.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Zu Recht rügt die Revision, daß das Berufungsgericht bei der Auslegung der Provisionsbestätigung rechtsfehlerhaft für maßgeblich erachtet hat, daß in diesem Formular die Begriffe “Maklerprovision, Maklertätigkeit, Nachweisprovision” verwendet wurden.
aa) Zwar ist, wenn sich jemand, der im Geschäftsleben als Makler auftritt, eine Maklerprovision oder ein Maklerhonorar versprechen läßt, die Auslegung naheliegend, daß die Vertragspartner damit die sich aus dem Gesetz ergebende und bei Vorliegen der dafür notwendigen Voraussetzungen entstehende Vergütung aus § 652 Abs. 1 BGB gemeint haben (BGH, Urteil vom 2. Dezember 1992 – IV ZR 268/91 – NJW-RR 1993, 429, 430). Es ist daher Sache desjenigen, der geltend macht, ihm sei gleichwohl ein von einer echten Maklerleistung unabhängiges Provisionsversprechen gegeben worden, Anhaltspunkte dafür vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, aus denen sich ein solcher Parteiwille ergibt. Verbleiben trotz bestehender Anhaltspunkte für ein selbständiges Provisionsversprechen Zweifel, so geht das zu Lasten desjenigen, der Zahlung der Provision begehrt.
bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist jedoch trotz der Wortwahl “Maklerprovision bzw. Maklerhonorar” ein von einer echten Maklerleistung unabhängiges Provisionsversprechen insbesondere dann anzunehmen, wenn es in Kenntnis der Umstände abgegeben wurde, die den Provisionsempfänger an einer Maklertätigkeit hindern (vgl. BGHZ 112, 240, 242; BGH, Urteil vom 20. Oktober 1982 – IVa ZR 97/81 – WM 1983, 42 f.; s. auch Senatsurteil BGHZ 138, 170, 172 f.). Davon ist vorliegend auszugehen: Unstreitig wußte die Beklagte bei Unterzeichnung der Provisionsbestätigung, daß der Kläger Testamentsvollstrecker der verstorbenen Grundstückseigentümerin war; darüber hinaus hat das Berufungsgericht zugunsten des Klägers unterstellt, daß die Beklagte vor Unterzeichnung des Formulars ausdrücklich darüber aufgeklärt worden war, daß im Falle eines Kaufvertragsschlusses der Testamentsvollstrecker selbst (in eigenem Namen) als Verkäufer auftreten würde.
Diesen Umstand hat das Berufungsgericht bei seiner Auslegung nicht hinreichend berücksichtigt.
b) Zutreffend weist die Revision darauf hin, daß nach dem Vorbringen des Klägers davon auszugehen ist, daß die Beklagte die Provisionsbestätigung deshalb unterschrieben hatte, weil andernfalls der Kläger nicht bereit gewesen wäre, das Nachlaßgrundstück in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker an die Beklagte zu verkaufen. Dies reicht aus, um ein gültiges, von einer echten Maklerleistung unabhängiges Schuldversprechen zu bejahen (vgl. BGH, Urteile vom 22. Dezember 1976 – IV ZR 52/76 – NJW 1977, 582, 583; vom 2. Februar 1977 aaO; vom 15. März 1978 – IV ZR 77/77 – WM 1978, 708, 710). Die – hier ohnehin fernliegende – Annahme eines schenkweise erteilten Schuldversprechens, das nach § 518 Abs. 1 BGB formnichtig wäre, ist danach ausgeschlossen. Sofern das Berufungsgericht dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15. April 1987 (IVa ZR 53/86 – NJW-RR 1987, 1075), in dem davon gesprochen wird, daß es sich bei der Provision auch um einen “verschleierten Teil des Kaufpreises” handeln könne, entnommen haben sollte, daß ein Anspruch auf Zahlung einer von einer Maklerleistung unabhängigen Provision voraussetzen würde, daß er sich rechtlich als (Teil der) Kaufpreisforderung (§ 433 Abs. 2 BGB), Vergütung für bestimmte Dienstleistungen (§ 611 Abs. 1 BGB) oder als Schenkungsversprechen einordnen ließe, beruhte dies auf einem Mißverständnis.
c) Rechtsfehlerhaft ist weiterhin die Annahme des Berufungsgerichts, aus der getroffenen Reservierungsvereinbarung ließe sich etwas gegen die rechtliche Beurteilung der Provisionsbestätigung als selbständiges Provisionsversprechen herleiten. Mit der Reservierungsvereinbarung wollte sich der Kläger, wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, auch für den Fall eine Vergütung sichern, daß es nicht zum Abschluß des Hauptvertrages kommen würde. Ein solches Vorgehen machte aber, worauf die Revision zutreffend hinweist, auch dann Sinn, wenn die Provision unabhängig von einer echten Maklerleistung versprochen worden war. Denn ungeachtet dessen war sie – insofern nicht anders, als dies § 652 Abs. 1 BGB für den Maklerlohnanspruch vorsieht – nur zu zahlen, wenn ein Kaufvertrag zustande kommen würde.
III.
Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben. Der erkennende Senat ist zu einer eigenen Auslegung der Provisionsbestätigung befugt, weil insoweit weitere tatsächliche Feststellungen nicht mehr in Betracht kommen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 1999 – V ZR 168/98 – NJW 1999, 3704, 3705). Diese Auslegung ergibt, daß die Beklagte die begehrte, von einer Maklerleistung unabhängige Provision versprochen hat.
Dies folgt nach dem zuvor Gesagten schon daraus, daß die Beklagte dem Kläger die gewünschte Provisionszusage gegeben hat, nachdem sie zuvor darauf hingewiesen worden war, daß der Kläger zum Testamentsvollstrecker der verstorbenen Grundstückseigentümerin bestellt worden war und von ihm in dieser Eigenschaft der Verkauf des Grundstücks betrieben werde.
Auf die in den Tatsacheninstanzen streitige Frage, ob der Beklagten weiterhin bewußt war, daß Verkäufer des Grundstücks der Kläger selbst und nicht die Erben sein sollten, kommt es nicht an.
Zu Recht weist die Revision in diesem Zusammenhang darauf hin, daß es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Annahme eines selbständigen Provisionsversprechens schon ausreicht, wenn dem Versprechenden die tatsächlichen Umstände bekannt sind, die dazu führen, daß eine echte Maklerleistung nicht erbracht werden kann. Unerheblich ist hierbei, ob bei ihm die Rechtskenntnisse vorhanden waren, um dies selbst zuverlässig beurteilen zu können (BGH, Urteile vom 22. März 1978 – IV ZR 175/76 – WM 1978, 711, 712 und vom 20. Oktober 1982 aaO S. 43).
Hinzu kommt folgendes: Wie sich aus dem von der Beklagten erstellten und dem Kläger übermittelten “Kaufvertragsentwurf” ergibt – in dem im übrigen der Testamentsvollstrecker als diejenige Person aufgeführt wird, deren Erklärung beurkundet werden soll -, hatte die Beklagte keine Kenntnis darüber, von wem die verstorbene Grundstückseigentümerin beerbt worden war. Die Frage, ob und gegebenenfalls welche Vorstellungen die Erben hinsichtlich des Verkaufs des Grundstücks hatten, stand nicht zur Debatte. Demgegenüber hatte der Geschäftsführer der Beklagten bei der Besichtigung des Nachlaßgrundstücks den Kläger aufgefordert, sich als Testamentsvollstrecker zu “legitimieren”. Dies zeigt deutlich, daß der Beklagten – was sie so auch gar nicht bestritten hat – bewußt war, daß die Entscheidung darüber, ob das Grundstück an sie oder an einen anderen Kaufinteressenten veräußert wird, allein in der Hand des Klägers lag. Dann aber war auch auf der Grundlage einer etwaigen Fehlvorstellung der Beklagten, der Testamentsvollstrecker werde den Kaufvertrag “formal” nicht in eigenem Namen, sondern als Vertreter der Erben abschließen, von einem Sachverhalt auszugehen, der das Erbringen einer echten Maklerleistung ausschloß (vgl. zur Frage, inwieweit die Erteilung einer Verkaufsvollmacht der Maklertätigkeit für den Käufer entgegensteht, Senats(Nichtannahme-)Beschluß vom 26. März 1998 – III ZR 206/97 – NJW-RR 1998, 992 f.).
IV.
Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden. Von einer Nichtigkeit des Provisionsversprechens nach § 138 Abs. 1 BGB – das Berufungsgericht hat diese Frage, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, offengelassen -, die etwa dann anzunehmen wäre, wenn Testamentsvollstrecker und Kaufinteressent bei dieser Absprache bewußt zum Nachteil des Nachlasses zusammengewirkt hätten (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 1989 – IVa ZR 353/87 – NJW-RR 1989, 642), kann nicht ausgegangen werden. Denn nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen und nach dem Vortrag der Parteien bestehen schon keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger durch die Provisionsabsprache in vorwerfbarer Weise seine ihm bei der Veräußerung des Grundstücks (vgl. § 2206 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 2205 BGB) obliegenden Testamentsvollstreckerpflichten (§ 2216 BGB) verletzt hätte.
1. Die Anordnung der Testamentsvollstreckung beschränkte sich auf die Veräußerung des Nachlaßgrundstücks. Die Auswahl des Testamentsvollstreckers war durch die Erblasserin selbst unter Hinweis auf dessen Maklereigenschaft vorgenommen worden. Bei dieser Sachlage liegt die Annahme nicht fern, daß sich der Kläger nach dem Willen der Erblasserin für seine Tätigkeit im Erfolgsfalle – nicht anders, als dies bei Einschaltung eines gewerblichen Maklers durch einen nicht in Immobiliengeschäften tätigen Testamentsvollstrecker selbst zu gewärtigen gewesen wäre (vgl. auch OLG Hamburg, AIZ 1975, 60, 61) – eine Provision sichern durfte.
2. Dafür, daß der Kläger bei der Einigung über den Kaufpreis im Hinblick auf sein eigenes Provisionsinteresse das Interesse der Erblasserin bzw. der Erben, für das Grundstück eine angemessene Gegenleistung zu erhalten, vernachlässigt hätte, besteht kein Anhalt.