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Die Zulässigkeit der Beschwerde eines Miterben, welcher nicht Antragsteller des Verfahrens ist – OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 26.05.2017 – Az. 21 W 51/17

Leitsätzliches:

Ein Miterbe, welcher selbst nicht Antragsteller ist, hat dennoch die Befugnis Beschwerde gegen den erlassenen Ausschließungsbeschluss beim zuständigen Gericht einzulegen, sofern der Beschluss einen unmittelbaren, nachteiligen Eingriff in ein subjektives Recht des Beschwerdeführers darstellt. 

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Datum: 26.05.2017

Gericht: OLG Frankfurt am Main

Spruchkörper: 21 W

Entscheidungsart: Beschluss

Aktenzeichen: 21 W 51/17

Gründe:

I.

Ausweislich des gemeinschaftlichen Erbscheins des Nachlassgerichts vom 12. August 2016 (Bl. 144 d. A.) sind die Beteiligten zu 1) bis 3) neben einer weiteren Person Erben des Erblassers zu jeweils 1/4, wobei bezüglich des Erbteils der Beteiligten zu 2) Testamentsvollstreckung angeordnet und die Beteiligte zu 2) als Vorerbin ihres Sohnes X als Nacherbe eingesetzt ist.

Mit Schriftsatz vom 7. März 2016 hat der Beteiligte zu 1) die Durchführung eines Aufgebotverfahrens nach §§ 1970 BGB ff. beantragt (Bl. 62 d. A.). Diesem Antrag hat er eine Aufstellung ihm bekannter Gläubiger beigefügt, in der Forderungen von Miterben nicht enthalten waren. Daraufhin hat das Nachlassgericht am 13. Juli 2016 unter anderem im Wege der öffentlichen Bekanntmachung die Nachlassgläubiger aufgefordert, ihre Forderungen gegen den Nachlass des Verstorbenen spätestens bis zum 31. Oktober 2016 beim Gericht anzumelden. In der Folge hat unter anderem die Beteiligte zu 3) als Miterbin und im Antrag nicht genannte Gläubigerin im Einzelnen näher bezeichnete Forderungen in einer Gesamthöhe von 6.588,72 €, die ursprünglich gegen den Nachlass bzw. den Erblasser gerichtet gewesen seien und die sie beglichen habe, angemeldet, wobei insoweit auf Bl. 188 f. d. A. verwiesen wird.

Sodann hat das Nachlassgericht mit dem angefochtenen Beschluss zugunsten verschiedener Nachlassgläubiger, darunter auch der Beteiligten zu 3), die Rechte wegen der angemeldeten Forderungen gegen den Nachlass des Erblassers vorbehalten und im Übrigen festgestellt, dass die anderen Nachlassgläubiger nach Maßgabe des Gesetzes nur insoweit Befriedigung verlangen können, als sich nach Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubiger noch ein Überschuss ergibt (Bl. 229 ff. d. A.). Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antrag zulässig sei und sich auf das gerichtliche Aufgebot keine anderen als die im Beschluss genannten Gläubiger gemeldet hätten.

Gegen den der Beteiligten zu 2) in einfacher Form übersandten Beschluss hat die Beschwerdeführerin mit am 2. Januar 2017 beim Nachlassgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen angeführt, die von der Beteiligten zu 3) angemeldeten Forderungen könnten keinen Bestand haben. Ein Anspruch in der von der Beteiligten zu 3) geltend gemachten Höhe bestehe nicht (Bl. 249 d. A.).

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt und dabei darauf verwiesen, dass die Beteiligte zu 2) nicht beschwerdebefugt sei (Bl. 252 d. A.).

Ergänzend wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten im Beschwerdeverfahren sowie die ihnen beigefügten Anlagen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Rechtsmittelschrift ist fristgerecht eingegangen, § 63 FamFG. Dies folgt daraus, dass der Beschwerdeführerin der Beschluss nicht zugestellt und auch sonst nicht wirksam bekannt gegeben worden ist (vgl. § 15 FamFG), so dass die Frist erst fünf Monate nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses ablief (vgl. Keidel/Sternal, FamFG, 18. Aufl., § 63 Rn. 27). Zudem kommt es auf den Beschwerdewert nach § 61 Abs. 1 FamFG gemäß § 439 Abs. 3 FamFG nicht an.

Schließlich ist die Beteiligte zu 2) auch entgegen der Auffassung des Nachlassgerichts beschwerdebefugt. Beschwerdeberechtigt ist gemäß § 59 Abs. 1 FamFG derjenige, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Dies setzt einen unmittelbaren, nachteiligen Eingriff in ein dem Beschwerdeführer zustehendes subjektives Recht voraus. Die angefochtene Entscheidung muss danach ein bestehendes Recht des Beschwerdeführers aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen oder gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Beschwerdeführer die mögliche Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder erschweren (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2016 – IV ZB 37/15, Juris Rn 11; Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 18. Aufl., § 59 Rn. 9).

Das ist mit Blick auf die Beteiligte zu 2) der Fall. So ist allgemein anerkannt, dass der Erbe als Antragsteller beschwerdebefugt ist, wenn sein Antrag zurückgewiesen wurde oder ihm nur eingeschränkt entsprochen wurde (vgl. Keidel/Zimmermann, FamFG, 19. Aufl., § 439 Rn 7). Dies stützt sich nicht nur auf die formelle Beschwer, die in der (partiellen) Antragszurückweisung zu sehen ist, sondern auch auf die materielle Beschwer, die daraus resultiert, dass ihm die mit dem Erlass des begehrten Ausschließungsbeschlusses nach § 439 FamFG verbundene mögliche Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten wird. Die angestrebte Verbesserung der Rechtsstellung liegt in der Möglichkeit einer Einrede nach § 1973 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen nicht angemeldete Forderungen. Jedenfalls soweit das Nachlassgericht – wie vorliegend – in den Beschluss eine Forderung aufnimmt, die von dem Beteiligten zu 1) als Antragsteller im Rahmen seines Antrags nicht aufgeführt worden ist, besteht kein ernsthafter Zweifel an der Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1).

Nichts anderes kann für die Beteiligte zu 2) gelten. Denn auch sie hat als Miterbin gemäß § 460 Abs. 1 FamFG teil an der mit dem beantragten Beschluss verbundenen Ausschlusswirkung. Denn § 460 Abs. 1 Satz 1 FamFG sieht für den Fall, dass mehrere Erben vorhanden sind, ausdrücklich vor, dass dann der von einem Erben gestellte Antrag und der von ihm erwirkte Ausschließungsbeschluss auch den anderen Erben zustatten kommt. Entsprechend wird der Beschwerdeführerin durch die Aufnahme der Forderung der Beteiligten zu 3) eine mögliche Verbesserung ihrer Rechtsstellung vorenthalten, was – wie dargelegt – grundsätzlich mit der Einräumung einer Beschwerdebefugnis verbunden ist.

Hiergegen spricht nicht, dass die Beschwerdeführerin lediglich Vorerbin ist. Denn es ist anerkannt, dass auch dem Vorerben ein Antragsrecht nach § 455 FamFG zukommt (vgl. Holzer in Prütting/Helms, FamFG, 3. Aufl., § 455 Rn. 2; Schick in Schulte – Bunert/Weinreich, FamFG, 5. Aufl., § 455 Rn. 2). Hat der Vorerbe aber ein Antragsrecht, so kann für die Beschwerdebefugnis des Vorerben im Fall einer (teilweisen) Zurückweisung des Antrags nichts anderes gelten.

Schließlich steht der Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 2) auch nicht entgegen, dass hinsichtlich ihres Erbteils Testamentsvollstreckung angeordnet worden ist. Denn die sich aus § 455 Abs. 2 FamFG ergebende Antragsbefugnis des Testamentsvollstreckers tritt – wie sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt – neben die Antragsbefugnis des Erben und schließt diese nicht aus (vgl. MünchKommBGB/Zimmermann § 2205 Rn. 4; Holzer in Prütting/Helms, FamFG, 3. Aufl., § 455 Rn. 6).

Da weitere Aspekte, die der Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 2) entgegenstehen könnten, nicht ersichtlich sind, verbleibt es bei deren Antrags- und damit zugleich deren Beschwerdeberechtigung im Fall der hier gegebenen teilweisen Zurückweisung des Antrags.

2. Das Rechtsmittel ist allerdings unbegründet. Das Nachlassgericht hat zu Recht die von der Beteiligten zu 3) als Miterbin angemeldeten Forderungen in einer Gesamthöhe von 6.588,72 € in den angefochtenen Ausschließungsbeschluss aufgenommen.

Dem steht zunächst nicht entgegen, dass die Anmeldende eine Miterbin ist. Denn auch Miterben sind Nachlassgläubiger im Sinne von § 1970 BGB und daher berechtigt wie zugleich verpflichtet, ihre Forderungen gegen den Nachlass anzumelden (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 2012, 841, zit. nach Juris Rn 26).

Darüber hinaus sind die geltend gemachten Forderungen hinreichend eindeutig bezeichnet. So lässt sich der in Bezug genommenen Aufstellung mit hinreichender Sicherheit entnehmen, welchen Forderungen die Erben die Einrede aus § 1973 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht entgegenhalten dürfen (vgl. dazu Holzer ZEV 2014, 583, 586).

Schließlich ist auch die vom Gericht bis zum 31. Oktober 2016 gesetzte Anmeldefrist gewahrt, da die Anmeldung am Tage des Fristablaufs beim Nachlassgericht einging (Bl. 188 d. A.).

Soweit die Beteiligte zu 2) im Rahmen ihrer Beschwerde vorbringt, die Forderungen bestünden nicht, steht dies der Aufnahme in den Ausschließungsbeschluss nicht entgegen. Denn insoweit verkennt die Beschwerdeführerin die Wirkung der Aufnahme einer Forderung in den Beschluss. Hierdurch wird den Erben nur die ansonsten mögliche Einrede aus § 1973 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen die angemeldete Forderung genommen. Eine Aussage zu dem Bestehen der angemeldeten Forderungen ist mit dem Beschluss nicht verbunden. Vielmehr müsste die Beteiligte zu 3) ihre angemeldeten Forderungen gegebenenfalls gerichtlich gegen den Nachlass geltend machen. Nur in diesem Verfahren wären dann die von der Beteiligten zu 2) gegen die Forderungen geltend gemachten Einwände zu prüfen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Hiernach soll das Gericht die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat, was vorliegend zu einer Kostentragungslast der Beschwerdeführerin führt.

Die Wertfestsetzung ergibt sich aus §§ 61, 36 GNotKG. Sie richtet sich gemäß § 61 Abs. 1 GNotKG nach dem Wert der Interessen, denen das Rechtsmittel ausweislich des Antrags der Beschwerdeführerin dient. Ziel des Antrags der Beteiligten zu 2) ist die Nichtaufnahme der Forderungen über insgesamt 6.588,72 €. Dies hätte zur Folge gehabt, dass der Beschwerdeführerin vornehmlich mit Blick auf ihren Erbanteil die Einrede aus § 1973 Abs. 1 Satz 1 BGB erhalten geblieben wäre. Den Wert der Einrede schätzt der Senat mangels anderer Anhaltspunkte auf etwa 1/4 der auf die Beteiligte zu 2) entfallenden Forderungen, woraus sich der festgesetzte Beschwerdewert ergibt.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor. Die Entscheidung ist folglich rechtskräftig.