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Voraussetzungen zur Nachholung des TV-Vermerks – OLG München, Beschluss vom 29.01.2016 – Az. 34 Wx 406/15

Leitsätzliches:

1) In der Anordnung “die Katze noch bis zum Tode zu versorgen” kann keine Testamentsvollstreckung gesehen werden.
2) Auch ein “Bündel von Einzelvollmachten” über den Tod hinaus führt nicht zu einer TVN-Vermutung

Oberlandesgericht München

Datum: 29.1.2016

Gericht: OLG München

Spruchkörper: 34 Wx

Entscheidungsart: Beschluss

Aktenzeichen: 34 Wx 406/15

Gründe:

1

I. Im Grundbuch waren die Eheleute Herr H. und Frau H. als Eigentümer zu 1/2 von Grundbesitz eingetragen. Frau H. verstarb am 20.11.2011 und wurde gemäß Erbschein vom 28.3.2012 von ihrem Ehemann allein beerbt. Dieser übertrug am 1.8.2012 „in Erfüllung der von der Erblasserin in dem (eigenhändigen) gemeinschaftlichen Testament vom 17.8.2003 angeordneten Vermächtnisse“ an seine sechs Kinder zu gleichen Teilen das ehemalige Hälfte-Miteigentum an dem Grundbesitz. Im Grundbuch sind seit 22.8.2012 demnach Herr H. (inzwischen verstorben) zu 1/2 und dessen Kinder zu je 1/12 als Eigentümer eingetragen.

2

Einen nachträglichen Antrag des damaligen Vollzugsnotars vom 2.11.2012, an den Miteigentumsanteilen der neu zu je 1/12 vermerkten Miteigentümer einen Testamentsvollstreckervermerk einzutragen, hat das Grundbuchamt am 13.12.2012 zurückgewiesen. Es fehle in der Überlassungsurkunde ein entsprechender Hinweis, dass der übertragene Miteigentumsanteil der Testamentsvollstreckung unterliegen solle; ein Handeln aufgrund dort erteilter Vollmacht sei demnach nicht möglich. Im Übrigen fehle das Testamentsvollstreckerzeugnis nebst einem Antrag des Testamentsvollstreckers. In Bearbeitung dieses Gesuchs hatte das Grundbuchamt die beim selben Gericht geführten Nachlassakten beigezogen und Kopien handschriftlicher letztwilliger Verfügungen vom 17.8 und 19.11.2003 zu den Grundakten genommen.

3

Unter dem 4.8.2015 hat der Beteiligte als Testamentsvollstrecker des inzwischen verstorbenen Herr H. die Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks hinsichtlich der 1/12-Bruchteile beantragt. Das Grundbuch sei insofern falsch. Bei der seinerzeitigen Vermächtniserfüllung sei verkannt worden, dass ausweislich der am 31.1.2012 nach der Erblasserin J. H. eröffneten Testamente auch für das hier gegenständliche Grundstück Testamentsvollstreckung auf die Dauer von 30 Jahren angeordnet sei.

4

Das Grundbuchamt hat diesen Antrag am 6.11.2015 zurückgewiesen. Es handele sich um zwei Nachlässe. Im gemeinschaftlichen Testament aus dem Jahr 2003 sei lediglich nach der Ehefrau für den Vermächtnisgegenstand Dauerverwaltungstestamentsvollstreckung auf die Lebensdauer des Zweitversterbenden angeordnet. Diese sei mit dem Tod des Ehemannes beendet, die Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks damit nicht mehr möglich.

5

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beteiligten. Testamentarisch sei Dauervollstreckung angeordnet, zu dem das Grundvermögen gehöre, welches sowohl von der Erst- als auch von dem Zweitverstorbenen komme. Es sei niemals beabsichtigt gewesen, mit der Vermächtniserfüllung die Testamentsvollstreckung aufzugeben, da dies den Sinn des gemeinschaftlichen Testaments ausgehöhlt hätte.

6

Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen. Es weist u. a. darauf hin, dass im Erbschein nach J. H. keine Testamentsvollstreckung erwähnt sei, ebenso wenig im Überlassungsvertrag zur Erfüllung der Vermächtnisse. Ob sich dies mit dem Testament decke, habe das Grundbuchamt nicht zu beachten.

7

II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

8

  1. Gegen die unterlassene – oder durch Entscheidung ausdrücklich abgelehnte – Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks kann Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RpflG, § 71 Abs. 1 GBO eingelegt werden mit dem Ziel, die Eintragung – von Amts wegen – nachzuholen (Demharter GBO 29. Aufl. § 52 Rn. 13 sowie § 71 Rn. 49; Schaub in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 52 Rn. 35), sofern nicht das Recht inzwischen auf einen Dritten umgeschrieben ist. Das gilt auch für den Vermächtnis-Testamentsvollstrecker; in diesem Fall wäre der Vermerk mit der Vermächtniserfüllung an dem davon betroffenen Grundeigentum zu buchen gewesen (BayObLGZ 1990, 82/84 f.; Hügel/Zeiser § 52 Rn. 36 und 14; J. Mayer in Bamberger/Roth BGB 3. Aufl. § 2223 Rn. 9). Nachholung erscheint grundsätzlich möglich, solange die Vermächtnisnehmer noch als Eigentümer eingetragen sind.

9

Obgleich sich der Beteiligte nur als Testamentsvollstrecker über den Nachlass des zuletzt verstorbenen Herr H. ausweist, fehlt es nach dessen weiteren Vortrag nicht an der notwendigen Beschwerdeberechtigung.

10

Regelmäßig ist derjenige beschwerdeberechtigt, dessen Rechtsstellung durch die Entscheidung des Grundbuchamts unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt wäre, falls diese in dem vom Beschwerdeführer behaupteten Sinn unrichtig wäre (OLG Köln Rpfleger 2002, 194; Demharter § 71 Rn. 58). Anders ausgedrückt ist beschwerdeberechtigt, wer ein rechtlich geschütztes Interesse an der Beseitigung der Entscheidung hat (Hügel/Kramer § 71 Rn. 178).

11

Zwar hat der Beteiligte als durch Zeugnis vom 17.6.2015 ausgewiesener Testamentsvollstrecker über den Nachlass nach Herr H. zunächst nur die Aufgabe, im Umfang der im Zeugnis ausgewiesenen Beschränkungen dessen Nachlass zu verwalten und in Besitz zu nehmen (§ 2205 Sätze 1 und 2 BGB). Dazu gehört nicht der Grundstückshälfteanteil, der der vorverstorbenen Ehefrau gehörte. Allerdings soll dieser als Vermächtnisgegenstand nach den seinem Vorbringen zufolge im eigenhändigen Ehegattentestament vom 17.8.2003 festgehaltenen Vorstellungen der Erblasser auch nach dem Tod des Letztversterbenden einer – dann in einer Hand befindlichen – Dauervollstreckung unterliegen und der vom Zweitversterbenden bestimmte Testamentsvollstrecker auch als Testamentsvollstre

Testamentsvollstrecker des Erstversterbenden den fraglichen Grundbesitz verwalten. Diesen Vortrag zugrunde gelegt kann für den Beteiligten ein rechtlich geschütztes Interesse an der Eintragung des Testamentsvollstreckervermerks ebenso wenig verneint werden wie die Antragsberechtigung selbst (siehe Hügel/Zeiser § 52 Rn. 29).

12

  1. In der Sache ist nicht belegt, dass die fraglichen Miteigentumsanteile an dem Grundbesitz derzeit einer Testamentsvollstreckung unterliegen.

13

a) Herrschender Meinung zufolge ist die Testamentsvollstreckung jedenfalls durch Erbschein, ggf. durch notarielle Verfügung von Todes wegen samt Eröffnungsniederschrift (vgl. § 35 Abs. 1 GBO; KEHE/Munzig GBO 7. Aufl. § 52 Rn. 11; Demharter § 52 Rn. 11; Hügel/Zeiser § 52 Rn. 25 und 28), nach überwiegender Ansicht darüber hinaus durch Testamentsvollstreckerzeugnis (Demharter a. a. O.; a. A. Hügel/Zeiser § 52 Rn. 26 f.; vermittelnd KEHE/Munzig § 52 Rn. 12) nachzuweisen. Ein Eintrag ohne förmlichen Nachweis (vgl. KG DNotZ 1956, 195/197) kommt nicht in Betracht.

14

b) Der bei den Grundakten befindliche, anlässlich der Vermächtniserfüllung nach dem Tod von J. H. vorgelegte Erbschein weist deren überlebenden Ehemann Herrn H. als Alleinerben aus. Zutreffend enthält dieser Erbschein keine Angaben zu einer testamentarisch angeordneten Vermächtnisvollstreckung (Staudinger/Reimann BGB Bearb. November 2011 § 2223 Rn. 21). Zu deren Nachweis (§ 29 GBO) dient das dem Vermächtnisvollstrecker auf Antrag zu erteilende Zeugnis (§§ 2223, 2368 BGB; vgl. BayObLGZ 1990, 82; 1986, 34). Dass ein solches vorliegt, ist weder behauptet noch ersichtlich noch durch Bezugnahme auf Nachlassakten belegt. Das dem Beteiligten erteilte Zeugnis vom 17.6.2015 betrifft die Testamentsvollstreckung über den Nachlass des Ehemannes mit der Beschränkung auf die vom Erblasser angeordneten und nachfolgend aufgeführten Vermächtnisse, zu denen das vermachte Miteigentum an dem Grundstück in B. (also dem gegenständlichen Grundstück) gehört. Dies ist nur der in der Erbmasse nach Herrn H. verbliebene 1/2-Anteil.

15

c) Bisher liegt kein Testamentsvollstrecker-(Vermächtnisvollstrecker-)zeugnis für den Anteil nach J. H. vor, dessen Inhalt das Grundbuchamt regelmäßig hinsichtlich der diesbezüglichen Auslegung der letztwilligen Verfügung binden würde (BayObLGZ 1990, 82/86; auch Senat vom 16.11.2015, 34 Wx 178/15, juris). Nachweislos kann das Grundbuchamt aber nicht die bisher unterbliebene Eintragung eines derartigen Vermerks nachholen (KEHE/Munzig § 52 Rn. 10; Demharter § 52 Rn. 11). Als Nachweis langt das privatschriftliche Testament der Eheleute H. nicht (KG DNotZ 1956, 195/197; siehe auch KG OLGE 40, 49). Vielmehr muss Gewissheit bestehen, ob überhaupt Vermächtnisvollstreckung angeordnet ist und der Vermächtnisgegenstand (noch) der Verwaltung eines Vermächtnisvollstreckers unterliegt. Erklärungen allein von Beteiligten genügen dazu nicht (vgl. auch KGJ A 40, 190/193 f.; 50, 165/166). Ob die letztwillige Verfügung, wäre ihr Inhalt dem Grundbuchamt seinerzeit bekannt gewesen, Anlass geboten hätte, den Vollzug der Vermächtniserfüllung durch Eigentumsumschreibung auf die Kinder der Eheleute H. vom Nachweis der Vermächtnisvollstreckung und nur gleichzeitig mit dem Eintrag eines Vermerks nach § 52 GBO vorzunehmen (Demharter § 52 Rn. 13), kann auf sich beruhen. Denn der seinerzeitige Vollzug beruhte auf der notariellen Urkunde vom 1.8.2012, die keine Hinweise auf eine angeordnete Dauervermächtnisvollstreckung enthielt. Ermittlungen von Amts wegen hatte das Grundbuchamt in dieser Hinsicht aber nicht anzustellen.

16

  1. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

17

Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 79 Abs. 1 Satz 1, § 36 Abs. 1 und 3 GNotKG. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.