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Beleidigungen der Erben durch einen Testamentsvollstrecker können zur Entlassung führen – KG Berlin, Beschluss vom 02.11.2015 – Az. 6 W 112/15

Leitsätzliches:

Eine schwere Beleidigung, die dazu geeignet ist, eine Miterbin in ihrer Ehre zu verletzen, wird als wichtiger Grund im Sinne des § 2227 I BGB gewertet und führt somit zur Entlassung des Testamentsvollstreckers.

 

Kammergericht Berlin

Datum: 02.11.2015

Gericht: KG Berlin

Spruchkörper: 6 W

Entscheidungsart: Beschluss

Aktenzeichen: 6 W 112/15

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist gemäß § 63 Abs. 1 und 2 FamFG eingegangenen Beschwerde gegen seine Entlassung als Testamentsvollstrecker, die das Nachlassgericht antragsgemäß mit Beschluss vom 04.09.2015 angeordnet hat. Das Nachlassgericht hat die Entlassung damit begründet, dass der Beschwerdeführer die Beteiligte zu 2) in grober Weise beleidigt hatte und so eine Einstellung gegenüber der Beteiligten zu 2) (und ihren Kindern) gezeigt habe, die Zweifel an einer ordnungsgemäßen Amtsführung hervorrufe. Der Beschwerdeführer hatte eingeräumt, in größerer Runde anlässlich eines gerichtlichen Termins, der den Nachlass betraf, die Behauptung einer früheren Partnerin des Erblassers wiederholt zu haben, die Beteiligte zu 2) habe sich auf eine sexuelle Beziehung mit dem Erblasser nur aus finanziellen Gründen eingelassen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Der Beschwerdeführer bringt mit seiner Beschwerde gegen die vom Nachlassgericht für die Entlassung angeführten Gründe vor, die bloße Wiedergabe der von einer dritten Person getätigten Äußerung könne für eine Entlassung nicht genügen, besage sie doch nicht, dass er selbst der gleichen Meinung sei. Zudem habe der Erblasser ihn nicht nur wegen seines Sachverstands ausgewählt, es sei vielmehr gerade auch ein Anliegen gewesen, jemanden als Testamentsvollstrecker zu haben, der seinen letzten Willen auch in schwierigen Situationen gegen wen auch immer umsetze.

II.

1. Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist gem. §§ 58 ff FamFG zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

2. In der Sache bleibt die Beschwerde allerdings ohne Erfolg, denn die Entscheidung des Nachlassgerichts, den Beschwerdeführer aus seinem Amt als Testamentsvollstrecker zu entlassen, hält – auch unter Einbeziehung seines eigenen Vorbringens – einer Überprüfung stand.

Gemäß § 2227 BGB kann das Nachlassgericht auf Antrag eines Beteiligten einen Testamentsvollstrecker aus seinem Amt entlassen, wenn dafür ein wichtiger Grund vorliegt, der – dem Nachlassgericht ist insoweit kraft Gesetzes ein Ermessen eingeräumt – nach Abwägung aller Umstände die Entlassung rechtfertigt (Palandt/Weidlich, BGB, 74. Aufl., § 2227 Rn.1).

Das Gesetz gibt in § 2227 Abs. 1 BGB als Beispiele für einen wichtigen Grund die grobe Pflichtverletzung durch den Testamentsvollstreckung oder dessen Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung vor. Diese Beispiele sind – was bereits die Formulierung “insbesondere” zeigt – nicht abschließend, weshalb auch andere, diesen genannten Gründen gleichwertige Sachverhalte einen wichtigen Grund für die Entlassung des Testamentsvollstreckers geben können (BayObLG, FamRZ 2004, 740 juris-rz. 28; Palandt/Weidlich, aaO., § 2227 Rn. 2; Bengel/Reimann, Handbuch der Testamentsvollstreckung, 5. Aufl., Kap. 7 Rn. 23). So ist etwa ein wichtiger Grund i.S.d. Gesetzes anzunehmen, wenn Umstände, z.B. auch durch das persönliche Verhalten des Testamenstvollstreckers, vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass sein längeres Verbleiben im Amt der Ausführung des letztens Willens des Erblassers hinderlich ist (OLG Naumburg, FamRZ 2006, 971, juris-rz. 17). Das bedeutet insbesondere, dass die Entlassung des Testamentsvollstreckers immer dann zulässig ist, wenn die gegebenen Umstände den Erblasser zur mutmaßlichen Nichternennung oder zum Widerruf veranlasst hätten, mithin seine Entlassung dem mutmaßlichen Erblasserwillen entspricht (OLG Naumburg aaO.; BayObLGZ 57, 317, 320; Stuttgart OLGZ 68, 457, 458; Palandt/Weidlich, aaO., Rn. 5; Staudinger/Reimann, BGB -2012-, § 2227 Rn. 11; Soergel/Damrau, BGB, 13. Aufl., § 2227 Rn. 4; ähnlich: MüKoBGB/Zimmermann, 6. Aufl., § 2227 Rn.7).

Vorliegend hat das Nachlassgericht aufgrund des Verhaltens des Beschwerdeführers mit Recht einen solchen wichtigen Grund, der seine Entlassung rechtfertigt, bejaht. In dem Verhalten des Beschwerdeführers liegt eine schwerwiegende Verfehlung gegenüber der Beteiligten zu 2), der Witwe des Erblassers und Mutter des gemeinsamen Sohnes. Der Beschwerdeführer hat sich mit der von ihm eingeräumten Äußerung (s.o.) gegenüber der Beteiligten zu 2) nicht nur ungebührlich aufgeführt, sondern seine Pflichten ihr gegenüber bei der Ausübung seines Amtes in erheblicher Weise verletzt. Denn er hat die Beteiligte zu 2) durch seine Äußerung, selbst wenn er nur die Worte einer Dritten wiedergegeben haben sollte, in besonders grober Weise in ihrer Ehre verletzt. Der in den Raum gestellte Vorwurf gegen einen anderen, persönliche Beziehungen zu einem Dritten nur des Geldes wegen aufgenommen und unterhalten zu haben, ist bereits herabwürdigend. Besonders ehrverletzend ist dieser Vorwurf, wenn er sexuelle Beziehungen betrifft und durch eine derbe Formulierung -die hier nicht wiederholt zu werden braucht, da unstreitig- mit Worten “aus der Gosse” die Betroffene in die Nähe dieses Milieus rückt. Es tritt erschwerend hinzu, dass der Beschwerdeführer die ehrenrührige Äußerung in einem offiziellen geschäftlichen Termin betreffend eine zum Nachlass gehörende Unternehmensbeteiligung, an dem mehrere Personen beteiligt waren, zitiert hatte, so dass die Auswirkungen nicht auf das Verhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und der Beteiligten zu 2) beschränkt waren, sondern Außenwirkung entfalten und sich auf das gesellschaftliche Ansehen der Beteiligten zu 2) nachteilig auswirken konnten. Zweifel an einer ordnungsgemäßen Amtsführung durch den Beschwerdeführer sind nach alldem durchaus begründet. Auch ist anzunehmen, dass ein Verbleib des Beschwerdeführers im Amt nicht dem mutmaßlichen Willen des Erblassers entspricht. Maßgebliche Gesichtspunkte, die für ein Verbleiben im Amt sprechen, sieht der Senat dagegen nicht. Auch wenn der Erblasser eine durchsetzungsfähige Person, die Konflikte nicht scheut, als Testamentsvollstrecker gewünscht haben sollte, bedeutet das nicht, dass er eine solche Verunglimpfung seiner Witwe akzeptiert hätte.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.

Die Wertfestsetzung auf 10% des unbereinigten Nachlasswertes, den der Senat anhand der vom Erblasser zu Lebzeiten gefertigten Vermögensaufstellung unter dem 30.05.2013 (eingereicht als Anlage 2 zum Schriftsatz des Mittestamentsvollstreckers D### vom 13.05.2015) ermittelt hat, beruht auf §§ 61, 65 GNotKG.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 FamFG nicht vorliegen.